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DAAD Nordamerika Nachrichten
22. Januar 2017

 Die Themen dieser Woche:
  Senatsanhörung der künftigen Bildungsministerin Elisabeth D. (Betsy) DeVos
  Nördlich des 49. Breitengrads: Entwicklungen in Kanada
  Zeitbombe Student Loans?
  Kurznachrichten
 
  Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns mit der Anhörung der designierten Bildungsministerin Elisabeth DeVos und mit Entwicklungen in Kanada. Wir werfen zudem einen Blick auf Studienschulden in den USA, die einem Beitrag der New York Times zufolge mit einer Summe von derzeit $1,4 Bio. eine tickende Zeitbombe mit der Explosionskraft der Hypothekenkrise vor 2008 sei, und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.

Stefan Altevogt

Senatsanhörung der künftigen Bildungsministerin Elisabeth D. (Betsy) DeVos

  Bundesminister werden in den USA vom Präsidenten nominiert und vom US Senat nach einer mehr oder weniger intensiven Anhörung bestätigt. Die Ablehnung einer Nominierung durch den Senat ist in der politischen Realität von Washington, DC sehr selten, es kommt allerdings schon mal vor, dass – wie im Fall von Chuck Hagel, Obamas erste Wahl für das Amt des Verteidigungsministers – der Präsident eine im Senat sehr umstrittene Nominierung zurückzieht.
Von den 16 Kabinettsmitgliedern der Regierung Trump ist bislang nur eine sehr kleine Minderheit vom Senat bestätigt worden. Die Anhörung der designierten Bildungsministerin Elisabeth D. (Betsy) DeVos war in der ersten Januarwoche wegen noch zu klärender Interessenskonflikte auf den 17. Januar verschoben worden (wir berichteten) und hat jetzt am Dienstag stattgefunden. Die Anhörung dauerte fast vier Stunden, war nach Einschätzung des Chronicle of Higher Education sehr kontrovers und ließ einige Grundzüge ihrer künftigen Politik erkennen. Die wohl wichtigste Neuerung, die man im Bereich der Schulbildung von einem von DeVos geleiteten Bildungsministerium erwarten könne, sei die Einführung eines Systems von aus Steuermitteln bezahlten Gutscheinen, mit denen dann jeder für seine Kinder die Schule (öffentlich, privat oder gewinnorientiert) aussuchen könne. Diese Art der Einführung von Marktmechanismen in die Gestaltung der öffentlichen Infrastruktur sei allerdings umstritten: „Such policies are usually opposed, in particular, by teachers unions, who charge that they undercut support for traditional public schools.”
Für den Bereich der Hochschulbildung plädiere DeVos vor dem Hintergrund der oft hohen Studienkosten und einhergehend damit der zunehmenden Verschuldung von Studierenden und Absolventen für alternative und deutlich kostengünstigere Ausbildungsmodelle. Sie wird dazu aus der Anhörung mit den Worten zitiert: „For too long a college degree has been pushed as the only avenue for a better life. The old and expensive brick-mortar-and-ivy model is not the only one that will lead to a prosperous future. President-elect Trump and I agree we need to support all postsecondary avenues, including trade and vocational schools, and community colleges.”

Sie finden den Beitrag hier.

Inside Higher Education berichtet aus der Anhörung den generellen Eindruck, dass DeVos den gestellten Fragen vor allen Dingen ausgewichen und sehr wenig konkret geworden sei. So habe sie auf die Fragen nach dem von Senator Bernie Sanders aus Vermont im Wahlkampf entwickelten Vorschlag, Hochschulbildung an öffentlichen Einrichtungen grundsätzlich von Studiengebühren zu befreien, mit der Bemerkung geantwortete, dies sei eine „really interesting idea” (deutlicher darf man in den USA Ablehunung nicht zum Ausdruck bringen, denn die nächste Eskalationsstufe der Ablehnung – das F U – gilt als sehr unhöflich).
Im Beitrag heißt es zudem, dass vor allem die Senatoren der Demokraten Zweifel an der Kompetenz der künftigen Bildungsministerin im Hinblick auf die Hochschulpolitik zum Ausdruck gebracht hätten. Es heißt: „Senator Al Franken (..) pointed out that DeVos had said student debt had grown 1,000 percent in recent years. The actual figure was closer to 124 percent between 2008 and 2016.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Auch die New York Times hegt Zweifel an der Kompetenz der künftigen Bildungsministerin im Bereich der Hochschulpolitik und schreibt: „In questioning by senators, she seemed either unaware or unsupportive of the longstanding policies and functions of the department she is in line to lead, from special education rules to the policing of for-profit universities. Ms. DeVos admitted that she might have been ‘confused’ when she appeared not to know that the broad statute that has governed special education for more than four decades is federal law.” So dünn ihre Sachkenntnis gewesen sei, so standhaft habe sie allerdings ihre Grundüberzeugung vertreten, dass in den allermeisten Fragen der Bund seine Regelungskompetenzen an die Bundesstaaten, die Autoritäten vor Ort oder noch besser an die Betroffenen selber abtreten solle. Diese Überzeugung drücke sie gelegentlich auch weniger höflich aus: „As she said bluntly in a 2015 education speech, ‘Government really sucks’.”

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Nördlich des 49. Breitengrads: Entwicklungen in Kanada

  Brock University in Ontario hat eigenen Berichten zufolge als erste kanadische Hochschule in einem Senatsbeschluss festgehalten, was man unter „experiential education” verstehen wolle. Auf die Frage nach der Bedeutung des Beschlusses heißt es: „How significant is it? Enough that university officials across the country have been calling to ask how Brock did it. Enough that high school guidance counsellors and co-op teachers at a recent workshop burst into applause when this was announced.”
Die Verbindung von gleichzeitiger Wissens- und Erfahrungsvermittlung habe nach Einschätzung von Statistics Canada in den vergangenen Jahren klar an Bedeutung gewonnen. Zahlen von 2013 zeigten einen erheblichen Arbeitsmarktvorteil von Studierenden, die neben dem dem Bachelors Degree noch weitere „co-op experience”, also etwa Berufspraktika, aufweisen konnten. In dieser Hinsicht seien Definition und Kategorisierung von berufsvorbereitenden Erfahrungen durch Brock wegweisend, denn sie lösten das Henne-Ei-Dilemma des „how can you get a job if you don’t have experience, and how can you get experience if you can’t get a job?” Cara Boese, die Leiterin der Abteilung Co-Op, Career and Experiential Education an Brock University, wird dazu mit den Worten zitiert: „We’re answering those questions. We are helping to bridge the gap between academic learning outcomes and transferable employment experience.”

Sie finden den Beitrag hier.

The Star meldet, dass in der Provinz Ontario Mittel zur Förderung von einkommensschwachen Studierenden künftig auch älteren Studienanfängern zur Verfügung stehen sollen, und schreibt: „The government’s new, streamlined aid plan, which comes into effect this fall, provides students whose families earn less than $50,000 with non-repayable grants covering their full tuition, and in most cases, more. Mature students [Studienanfänger, die nicht direkt aus der Oberschule kommen] will be eligible for all new grants.”

Sie finden die Meldung hier.

Details zum Förderprogramm finden Sie in einem weiteren Beitrag des Stars hier.

Zeitbombe Student Loans?

  Die New York Times befasst sich in dieser Woche mit dem Problem der Studienschulden vor dem Hintergrund von Beschwerden von Verbraucherschutzorganisationen gegen die Firma Navient, dem landesweit größten Einsammler austehender Studiendarlehen, und entsprechenden Ermittlungen von Staatsanwaltschaften in zwei Bundesstaaten. Insgesamt beliefen sich die Studienschulden aktuell auf $1,4 Bio. und überträfen damit Kreditkartenschulden und Anschaffungsdarlehen für Autos. Die Obama-Administration habe den wachsenden Problemen bei der Bedienung von Studienschulden mit verschiedenen Programmen begegnen wollen, doch hänge die Umsetzung dieser Programme wesentlich von einer reibungslosen Umsetzung durch Loan-Service-Unternehmen wie Navient ab. Daran fehle es allerdings häufig, wenngleich die Pressesprecherin von Navient mit den Worten zitiert wird: „Navient has a well-established, superior track record of helping student loan borrowers succeed in repayment. We will vigorously defend against these false allegations.” Diese nach Ansicht von Navient falschen Anschuldigungen hätten sich in den vergangenen Jahren deutlich vermehrt. Hätte das Consumer Financial Protection Bureau zwischen 2012 und 2013 lediglich 600 Beschwerden gegen Sallie Mae [der Ursprungsfirma von Navient] verzeichnet gehabt, lägen nun 11.000 Beschwerden gegen Navient und Sallie Mae vor.
Die Unternehmen, so der Beitrag, dürften die Bemühungen der öffentlichen Hand um eine ordnungsgemäße Handhabung des erheblichen Berges an Studienschulden nicht aus eigenen Geschäftsinteressen untergraben. Allen voran Navient, denn: „Navient, which services the loans of roughly 12 million current and former students across the country, is responsible for keeping track of monthly payments on more than $300 billion in loans.”

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Kurznachrichten

  Der Chronicle of Higher Education befasst sich aus Anlass der wegen einer Plagiatsaffäre um ihre Dissertation aus der Regierung Trump zurückgetretenen Monica Crowley mit den Problemen einer US-amerikanischen Hochschule, in diesem Fall Columbia University, die Doktorwürde nach der Feststellung akademischen Fehlverhaltens auch wieder zu entziehen. Pennsylvania State University etwa, 2015 mit knapp 700 Promotionen auf Rang 13 der Top-50 der Forschungshochschulen in den USA, habe im vergangenen Jahr eine Promotion wieder entzogen und in der Geschichte der Hochschule sei dies insgesamt dreimal vorgekommen.

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Inside Higher Education zitiert die Zeitung The Hill mit der Befürchtung, dass die Regierung Trump mit der Verabschiedung des Haushalts (derzeit befindet sich das der Bund im Modus der vorläufigen Haushaltsführung, weil man sich seit Anfang Oktober noch nicht auf einen regulären Haushalt hat einigen können) das National Endowment for the Humanities und das National Endowment for the Arts abschaffen wolle. Der Beitrag zitiert aus einer Veröffentlichung des Republican Study Committee: „The federal government should not be in the business of funding the arts. Support for the arts can easily and more properly be found from nongovernmental sources. Eliminating the National Endowment for the Arts would save taxpayers $148 million per year and eliminating the National Endowment for the Humanities would save an additional $148 million per year.”

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Laut Washington Post soll David Gelernter von der Yale Universityals Wissenschaftsberater für Donald Trump im Gespräch sein. Es heißt zur Person: „Gelernter is a pioneer in the field of parallel computation, a type of computing in which many calculations are carried out simultaneously. The programming language he developed in the 1980s, Linda, made it possible to link together several small computers into a supercomputer, significantly increasing the amount and complexity of data that computers can process. (..) Beyond computer science circles, Gelernter has made a name for himself as a vehement critic of modern academia.”

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Für den am vergangenen Freitag nach acht Jahren als Präsident der USA aus dem Amt geschiedenen Barack Obama hat der Chronicle of Higher Education den akademischen Lebenslauf für mögliche Bewerbungen in der US-Hochschullandschaft aktualisiert. Es heißt: „The former law professor Barack H. Obama is back on the job market. It can be tough out there for an academic who’s been out of the game for so long, and Mr. Obama probably hasn’t updated his curriculum vitae in a while. So we did it for him.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Sie finden den Lebenslauf hier.

Die New York Times meldet, dass die Talladega College Marching Tornadoes für ihren Auftritt bei der Amtseinführung von Donald Trump zwar heftige Kritik aus der Hochschullandschaft habe einstecken müssen, dass aber die Bedingungen für das Fundraising des Colleges mit dem Auftritt deutlich aufgehellt seien. Es heißt: „Talladega, a small, historically black college in Alabama, had been struggling to raise the $75,000 to send the band to Washington for the Jan. 20 inauguration. But after the college’s president, Billy C. Hawkins, appeared Thursday (..) on Fox News, describing how their choice had been criticized by many, donations from the show’s largely conservative audience flooded in.”

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