Als klassisches Mittelstandsthema werden die sich in den USA mittlerweile auf mehr als $1,5 Bio. summierenden Studienschulden und 44 Mio. Schuldner im Wahlkampf um die Nominierung des demokratischen Kandidaten für die kommende Präsidentschaftswahl sicherlich eine zentrale Rolle spielen und vermutlich dann auch bei den Wahlen im November 2020 selbst. Statistiken zur Verschuldung von Studierenden bieten in der Regel allerdings nur Durchschnittszahlen über ethnische bzw. sozioökonomische Grenzen hinweg und verdecken dadurch, dass es durchaus eklatante Abweichungen von den Durchschnittszahlen nach oben und nach unten geben kann.
Inside Higher Education meldet jetzt die Veröffentlichung einer neuen Untersuchung zu Studiendschulden in den USA durch den Think Tank Demos, deren Autor diesbezüglich genauer nachgesehen habe. Es heißt: „The Demos report underlines how student debt is experienced differently by different borrower groups. The typical white male borrower, for instance, has paid off 44 percent of his student loan debt within 12 years of graduating, while the typical black female borrower has actually seen her balance grow by 13 percent, the report says.”

Sie finden die Meldung hier .

Die Untersuchung erinnert noch einmal an das meritokratische Versprechen der US-amerikanischen Gesellschaft, dessen Umsetzung im Regelfall über Bildung gelingen solle, wobei dieser Regelfall für ökonomisch schwächere Schichten durch die explosionsartig gestiegenen Studienkosten in den vergangenen Jahrzehnten immer weniger relevant geworden sei. Das US-amerikanische Modell, Hochschulbildung über Studienschulden zu finanzieren, müsse nicht nur angesichts des astronomische Höhen erreicht habenden Schuldenstands und einer entsprechend hohen „delinquency rate” (Anteil der Schuldner, die mit ihren Zahlungen mehr als 90 Tage in Verzug geraten sind) als gescheitert betrachtet werden. Es heißt: „This experiment in debt-financed higher education has benefitted some, and been harmless for others, but has left a trail of financial wreckage for many.”
Das Experiment habe vor allem die sozioökonomischen Gräben zwischen den Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen noch vertieft, so dass der Aufstieg in den Mittelstand über den Weg der Bildung für einen großen Teil der Afro-Amerikaner, unmöglich geworden ist. Mehr als die Hälfte aller männlichen Afro-Amerikaner (55%) würden innerhalb von 12 Jahren nach Studienbeginn mit der Rückzahlung aufgelaufener Studienschulden in Verzug geraten, bei weißen Männern betrage der Anteil nur 21%.
Im Ergebnis akkumuliere sich entsprechend in afro-amerikanischen Familien Vermögen deutlich langsamer als bei Weißen. Hierzu heißt es: „Among households with a bachelor’s degree, the typical white family is sitting on nearly $400,000 of net worth, compared to $68,000 for college-educated black households.”

Sie finden die Untersuchung hier .

In einer Analyse der vom US Department of Education Ende Mai veröffentlichten und auf einzelne Studiengänge spezifischer Anbieter heruntergebrochenen Zahlen zur Verschuldung von Studierenden hat die New York Times jetzt ein paar der haarsträubendsten Fälle herausgearbeitet, etwa das der Academy of Art University in San Francisco. Es heißt: The for-profit school occupies more than 40 buildings throughout the city and has made its family owners very rich.” Etwa $100 Mio. der jährlichen Einkünfte der Hochschule käme in Gestalt von öffentlich subventionierten Studiendarlehen in ihre Kassen und sie sei eines der krassesten Beispiele des „debt-fueled graduate school business”, an dem sich mittlerweile auch die gemeinnützigen Bildungsanbieter nach Kräften beteiligten, private wie öffentliche.
Unter Marktbedingungen nur schwer nachvollziehbar sei die oft enorme Kluft zwischen Verschuldung bei Besuch eines bestimmten Ausbildungsgangs und den typischen Verdienstmöglichkeiten nach Ausbildungsabschluss. Hier zitiert der Beitrag das Beispiel der Veterinärmedizin, deren Absolventen auf Einkommensmediane zwischen $75.000 und $120.000 pro Jahr blickten, die aber hohe Studienschulden (zum Teil oberhalb von $200.000) in Kauf nehmen müssten. Es heißt: „Veterinary programs often graduate students with enormous debt burdens, a factor, some have speculated, in the abnormally high suicide rate within the profession.”

Sie finden den Beitrag hier .