Ausgabe ___ | March 29 2017
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Das Thema dieser Woche:

  • Covid-19 und die nordamerikanische Hochschullandschaft
Liebe Leserinnen und Leser,
 
in dieser Ausgabe befassen wir uns mit nur einem Thema (freilich unter verschiedenen Gesichtspunkten), nämlich den Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf die Hochschulen in Nordamerika, und werfen dazu einen Blick in die einschlägigen Medien.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und in diesen Wochen auch Gesundheit und Zuversicht.
 
Stefan Altevogt

p.s.: Sound Understanding, das jährliche Konzert von Musikstipendiatinnen und -Stipendiaten des DAAD in der Carnegie Hall, wird nicht wie geplant am 16. April stattfinden können.
Covid-19 und die nordamerikanische Hochschullandschaft
Mit den Worten „After careful consideration, and in deep concern for the health and safety of our attendees, the NAFSA board of directors has decided to cancel the 2020 NAFSA Annual Conference & Expo scheduled to take place on May 24-29 in St. Louis, Missouri” hat die weltweit bedeutendste Tagung für Studierendenmobilität in der vergangenen Woche ihre Jahrestagung abgesagt. Zur NAFSA-Tagung kommen regelmäßig Repräsentanten von akademischen Auslandsämtern deutscher Hochschulen und lassen sich dann auch durch das Nordamerika-Büro des DAAD über Entwicklungen des Internationalisierungsgeschäfts US-amerikanischer Hochschulen und allgemein über die Entwicklung der nordamerikanischen Hochschullandschaft informieren.

Sie finden die Meldung hier.

Am Freitag gab der Chronicle of Higher Education einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen für die US-amerikanische Hochschullandschaft, nachdem sich Hochschulorganisationen im Laufe der Woche in Washington, DC dafür stark gemacht hatten, bei den anlaufenden Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft den terziären Bildungssektor nicht außer Acht zu lassen. Zu den ersten Erfolgen des Lobbying zählt der Beitrag, dass das US Department of Education Studienschuldnern nun eine kostenfreie Streckung ihrer jeweiligen Darlehen um zwei Monate eingeräumt habe. Es heißt weiter: „The department also suspended payments by borrowers who are more than 31 days delinquent, and the White House had previously waived interest on federal student-loan payments in response to the crisis.”
 
Sie finden den Beitrag hier.
Die einschlägigen Nachrichten des Chronicle of Higher Education zur Krise finden Sie hier.

In einem weiteren Beitrag befasst sich Beth McMurtrie mit dem nur scheinbar wichtigsten, nämlich technischen, Problem der Verlagerung der Studierendenbetreuung in elektronische Sphären und zitiert aus den jüngsten Erfahrungen einer Soziologieprofessorin an der Arkansas State University, die folgende Ratschläge nahelegten: „Ditch the fancy technology and intensive demands on students. Don’t rely on real-time-video classes or proctored exams. Don’t assume your students understand, or have access to, the latest technologies. And remember that students’ and professors’ increased responsibilities with work and family mean it’s not realistic to expect the remote-learning transition to be seamless, let alone pleasant.”
Vielmehr solle die Verlagerung der Betreuung in das Internet auch weiterhin die beiden Kernbotschaften des Verhältnisses zu Studierenden bewahren, nämlich Unmittelbareit und Fürsorge.
 
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Ein weiterer Beitrag versucht deutlich zu machen, dass die akut notwendig gewordene Verschiebung der Studierendenbetreuung in das Internet für die allermeisten Hochschulen nicht den Übergang zu Online Education bedeute. Es heißt: „What most colleges are doing right now is more like remote education, says Susan Grajek, vice president for communities and research at Educause, a nonprofit organization that advocates for technology in education. Colleges aren’t putting in place well-considered, durable online-learning plans. They’re throwing together quick, ad hoc, low-fidelity mitigation strategies – and that’s fine, for now.”
Man sei an diesen Hochschulen derzeit sehr dankbar für den Spring Break und das Auslaufen des Semesters und hoffe, dass die gegenwärtigen Störungen des Normalbetriebs rasch wieder beseitigt werden könnten. Dennoch sei die Krise auch ein längerfristig nutzbarer Weckruf für eine große Anzahl von Hochschulen, sich besser auf kommende Störungen des Normalbetriebs einzurichten: „Only 42 percent of institutions have an information-technology business-continuity plan to facilitate remote operations in the event of a disruption like a pandemic, according to Educause data.”
 
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Inside Higher Education befasst sich in einem Beitrag mit der Frage, ob die derzeitige Krise Einfluss auf die Umsetzung von veränderten Richtlinien des Bildunsministeriums im Hinblick des Umgangs der Hochschulen mit sog. „Title IX” Fällen haben würde, also Fällen von Diskriminierung und sexuellem Fehlverhalten. Brett Sokolow, der Präsident der Association of Title IX Administrators, wird dazu mit den Worten zitiert: „Issuing Title IX regulations in the midst of coronavirus response would be a huge distraction for schools and colleges, which need to be focused right now on transitioning essential services to online delivery.” Man müsse den Hochschulen deutlich mehr Zeit als die üblichen 30-90 Tage geben, also mindestens ein Jahr, um die veränderten Vorgaben des Ministeriums umzusetzen.
           
Sie finden diesen Beitrag und den Nachrichtenticker von Inside Higher Education zum Coronavirus hier.  

Dort findet sich auch die Meldung vom 20. März, wonach Hochschulen in Kalifornien von der dort erlassenen „Shelter-in-Place Order”, einer milderen Form der Ausgangssperre, ausgenommen seien, weil sie nach Einschätzung des U.S. Department of Homeland Security zu den 16 unverzichtbaren Infrastruktureinrichtungen des Landes gehörten. Die Definition der Unverzichtbarkeit laute nach Auskunft des Heimatschutzministeriums: „Their incapacitation or destruction would have a debilitating effect on security, national economic security, national public health or safety, or any combination thereof.”
Laut New York Times könne die Krise nachhaltige Auswirkungen auf die US-amerikanische Hochschullandschaft haben und klassische Einrichtungen wie Harvard, Yale und Princeton in Richtung der University of Phoenix bewegen, der Hochschule, die über vergleichsweise sehr kostengünstig angebotene Fernstudiengänge zu ihren besseren Zeiten deutlich mehr Studierende betreue als die acht Einrichtungen der Ivy League zusammen. Es heißt: „By quickly moving classes to the internet and telling students that online delivery would be credited and billed exactly as face-to-face delivery, elite schools surfaced big questions about their core business model. While some have waived a few fees or reduced room-and-board charges to residential students, virtually all of them have so far drawn the line at tuition: no discounts for online classes.”

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Benjamin Mueller befasst sich in der New York Times mit möglichen längerfristigen Folgen der gegenwärtigen Krise auf die nach wie vor hohe Attraktivität von Hochschulen in den USA, Australien und im Vereinigten Königreich (VK) für internationale Studierende aus China. Zu den gelegentlich aufflammenden rassistischen Ressentiments kämen derzeit auch Zweifel unter den internationalen Studierenden, ob die im Vergleich zu China sehr langsamen Reaktionen auf die Krise in den Gastländern angemessen seien. Er schreibt: „In Britain, some Chinese students are fuming that universities did not act more decisively to move classes online and scrap major events like spring balls. In interviews, they said they were weighing the health benefits of wearing a surgical mask with their fear of being racially abused or even attacked, as a student from Singapore was last month in London.”
In Australien, wo das neue akademische Jahr Ende Februar begonnen habe, hätten durch die Reisebeschränkungen zehntausende chinesische Studierende ihren Auslandsaufenthalt nicht antreten können, und derzeit befürchteten Experten, dass die chinesische Regierung ihrerseits zu Reisebeschränkungen greifen könne, um die bislang erfolgreichen Eindämmungsmaßnahmen im eigenen Land nicht zu gefährden. Es heißt weiter: „American universities were already hurt by trade tensions between Washington and Beijing and new visa restrictions on Chinese graduates. And British universities, too, are dealing with uncertainty over European Union research money and student-exchange programs after Brexit.” Für das VK stünde mindestens ebenso viel auf dem Spiel wie für die USA, denn die Summe der von den derzeit 120.000 Internationalen aus China eingebrachten Studiengebühren betrage zwischen 1,5 Mrd. und 1,75 Mrd. Pfund. Chinesische Studierende seien zudem deutlich überrepräsentiert in den Postgraduate-Programmen von Hochschulen in Business und Finance, der „universities’ biggest moneymakers”. Kerry Brown, Professor für Chinastudien am King’s College London, wird zu diesen besonderen Risiken mit den Worten zitiert:„If enrollment falls by a quarter, that’s a huge amount of money and, for some universities, the difference between bankruptcy and staying afloat.”

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Die New York Times meldet die vorläufige Schließung des International House (I-House), ein Studierendenwohnheim in der Nähe von Columbia University und Manhattan School of Music, das mit knapp 500 Bewohnern auch unter deutschen Studierenden in New York sehr beliebt ist. Grund der vorläufigen Schließung sei die Infizierung eines Mitarbeiters und der Tod eines der Bewohner infolge von COVID-19.
 
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Bereits am 11. März hatte die Chronicle-Redakteurin Goldie Blumenstyk die Frage aufgeworfen, ob sich die Coronavirus-Krise als ein sog. „Black Swan Moment” für die US-amerikanische Hochschullandschaft erweisen könne, also ein extrem seltenes Ereignis mit weitreichenden Folgen, die erst in der Rückschau, dann aber umso deutlicher, plausibilisiert werden könnten. Sie schreibt angesichts der absehbaren Entwicklung der Schließung von Hochschulcampi, der Verlagerung von Anwerbung und Ausbildung von Studierenden auf elektronische Medien und der Absage von größeren Ansammlungen wie Commencements, Graduation Ceremonies und akademischen Konferenzen: „It seems safe to say that this will be not only enormously disruptive but also paradigm changing. The ‘black swan’, that unforeseen event that changes everything, is upon us.”
Sie räumt ein, dass der plötzliche Rückgang internationaler Studierender in den USA nach dem 11. September 2001 und auch die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 jeweils als Katalysatoren von dramatischeren Veränderungsschüben angesehen worden seien, als sie sich dann letztendlich zeigten. Die gegenwärtige Situation sei allerdings insofern neu, als sich die Reaktionsmodi der Hochschulen auf die Krise alle um die Verschiebung des Verhältnisses zu Studierenden auf elektronische Plattformen drehten. Wenn das einmal erfolgreich vollzogen sei, könne man nur schwer wieder zurück zu den alten Modi finden. Sie schreibt: „Once colleges develop the ability to serve their students via technology, there’s little reason for them to abandon it. That doesn’t mean giving up on in-person teaching. (…) These events could prompt colleges to stop distinguishing between online and classroom programs, and instead just develop programs that could be offered during good times and during crises.
 
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Am 16. März warf Joshua Kim auf Inside Higher Education ebenfalls die Frage auf, ob die von den Hochschulen getroffenen Maßnahmen zum Distance Learning und zur administrativen Fernsteuerung der Hochschulen per Home Office nach Abklingen der Krise als „new normal” etablieren würden, und schreibt: „I predict that higher ed norms around remote work will significantly shift post-COVID-19. That for some types of higher ed people (not all), working remotely will be more the expectation than the exception.”

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Inside Higher Education wirft einen Blick auf die Art und Weise, in der sich Michael Bruening, Geschichtsprofessor an der Missouri University of Science and Technology, auf die drastisch veränderten Bedingungen an US-amerikanischen Hochschulen eingestellt und sich mit der Unterrichtsplattform „Canvas” angefreundet habe. Der Beitrag liefert den Link zu Bruenings Neufassung des Schlagers von Gloria Gaynor I Will Survive”, in dem es in seiner Version unter anderem heißt: „At first I was afraid, I was petrified / Kept thinking I could never teach through Canvas all the time. / But then I spent so many nights reading the help docs for so long / And I grew strong / And I learned how to get along. / And so I’m back. / The students are gone. / As all my colleagues try to figure out how they’re gonna get along / I should have kept up with the tech, not skipped that class on course design / If I’d have known for just one second I’d be teaching all-online.”

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Als ein Zeichen des Ernstes der Lage porträtiert ein Beitrag in der New York Times heute einen Händler für getrocknete Bohnen in Kalifornien. Es heißt: „The growing demand for beans has stood out as an especially potent symbol of the anxious and uncertain times. (…) Across the industry, canners and packagers have seen a 40 percent increase in sales.”

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CBC News meldet, dass sich nun auch kanadische Hochschulen den lauter werdenden Forderungen nach „Social Distancing” beugten, und schreibt: „Students who live in residence at the University of Waterloo, Wilfrid Laurier University and the University of Guelph are being told to move out this week. (…) [They] are allowing some students to remain in residence. An exception has been granted for international students and out of province students.”

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