Ausgabe ___ | March 29 2017
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Die Themen dieser Woche:

  • Covid-19 und Hochschulen
  • Einige Hochschulen öffnen wieder. Kommen auch die Studierenden?
  • College Stress Tests
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,
 
in dieser Ausgabe befassen wir uns weiterhin mit Nachrichten im direkten Kontext von Covid-19 und mit der Frage, ob die im Herbst ihren Normalbetrieb planenden Colleges mit einer entsprechenden Nachfrage von Studierenden rechnen dürfen. Wir werfen zudem einen Blick auf die im Buch „The College Stress Test” genannten Indikatoren von Krisenanfälligkeit und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten.
 
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und in diesen Wochen zudem Gesundheit, Geduld und Zuversicht.
 
Stefan Altevogt
Covid-19 und Hochschulen
Während in den vergangenen Wochen in der kanadischen Provinz Manitoba auch schon mal 30% als Zahl für die zu erwartende Kürzung öffentlicher Mittel bei der Hochschulfinanzierung genannt wurde, meldet CBC nun, dass die Provinzregierung nun doch von weniger drastischen Einschnitten ausgehe. Der Premierminister Brian Pallister wird mit den Worten zitiert: „I don’t expect it to be anywhere near 10 per cent impact. The fact of the matter is it’ll be less than that and it’ll vary by department.”

Sie finden die Meldung hier .

Die kanadische Provinz New Brunswick meldet angesichts deutlich gesunkener Infektionszahlen ihre Absicht, Maßnahmen des social distancing zu lockern und Studierende wieder auf die Campi der Hochschulen zu lassen. Es heißt: „Students requiring access to campus to fulfill their course requirements will be able to do so.”

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Die National Association for College Admission Counseling (NACAC) hat sich in einer Stellungnahme dafür ausgesprochen, bei den Zulassungsentscheidungen zum Studium zu berücksichtigen, dass sich die Unterschiede in den Lernmöglichkeiten für Oberschüler durch Covid-19 noch verschärft hätten und die Möglichkeit, sich Hochschulzugangstests wie SAT oder ACT zu unterziehen, auch aus Kostengründen bedroht sein könne. Es heißt: „For the 2020-21 admission cycle, NACAC is asking its member colleges and universities to reassess their admission criteria in light of the overwhelming challenges faced by many students. (...) If the potential cost to students and families outweighs the benefit of having access to test scores, NACAC asks that institutions consider the effects of their testing requirements on disadvantaged students in this unprecedented admission cycle, and consider pursuing policies that advance the interests of equity and fairness.“

Sie finden die Stellungnahme hier.

Ein Beitrag auf Inside Higher Education listet 15 verschiedene Szenarien, mit denen sich derzeit Verantwortliche an Hochschulen befassen würden. Neben dem freilich von allem bevorzugten „Back to Normal” findet sich als vielleicht zweitbeste Möglichkeit die eines „Late Starts“ im Herbst und die wohl auch noch hinnehmbare Option einer Verschiebung der Aufnahme des Normalbetriebs in das kommende Frühjahr.
Zu den für Herbst ins Auge gefassten Plänen gehöre eine Ausdünnung der auf dem Campus Anwesenden, etwa durch eine „Graduates Only Policy“, Blockunterricht oder ein „Structured Gap Year“, die Konzentration bzw. Modularisierung von Lerninhalten, oder auch eine Hybridform aus Anwesenheit und Fernstudium, zu der es heißt: „Much like the model of Minerva Schools at KGI [Keck Graduate Institute], this approach would bring students back to campus, perhaps at a slightly less dense rate, while still teaching courses in a virtual environment. Students would be able to take advantage of many co-curricular activities that were set up for effective social distancing, but classes, where the correct density of students sitting for long periods of time in a room is still a relative unknown, would be taught online.“
Letztgenanntes Szenario ist verständlicherweise die Fortsetzung der Maßnahmen des gegenwärtigen Spring Semesters auch im Herbst.

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Inside Higher Education befasst sich mit einer Welle von Sonderangeboten, mit der vor allem Community Colleges ihre derzeit brachliegenden Kapazitäten nutzen und eine Antwort auf die immer prekärer werdende Arbeitsmarktsituation in den USA geben wollten. Ein Beispiel aus Colorado führe dies sehr gut vor Augen. Dort biete das Colorado Mountain College seine Sommerkurse für Landeskinder nun umsonst an, nachdem in der stark vom Tourismus abhängigen Region die Arbeitslosenquote von 2% Anfang März auf 50% Mitte April hochgeschnellt sei.
 
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Einige Hochschulen öffnen wieder. Kommen auch die Studierenden?
Zu den Hochschulen, die für das im September beginnende Wintersemester wieder auf „Normalbetrieb” umstellen wollen, zählen einem Beitrag des Chronicle of Higher Education zufolge die University of Vermont, Baylor University und die öffentlich finanzierten Hochschulsysteme in Georgia und Alabama. Ob sich allerdings dann auch wieder alle dort erwarteten Studierenden einfinden werden, scheint derzeit eine noch weitgehend offene Frage zu sein, der sich der Beitrag mit Umfrageergebnissen annimmt.
Eine im vergangenen Monat durchgeführte Umfrage unter College-Präsidenten ergab die einmütige Auffassung, dass sich Covid-19 auf die Einschreibungszahlen niederschlagen werde, 78% meinten sogar deutlich.
Eine im späten April unter Oberschulabgängern durchgeführte Umfrage habe ergeben, dass gut 15% derjenigen, die ursprünglich die vollzeitige Einschreibung in einen vierjährigen Bacherlor-Studiengang für diesen Herbst geplant hätten, davon nun Abstand nehmen würden. Stattdessen seien von ihnen als Alternativen ein teilzeitiges Studium (34%), Abwarten bis zum kommenden Sommersemester (17%), eine Auszeit (16%) und die Einschreibung an einem zweijährigen Community College (16%) genannt worden.
Schließlich dürfe aus der Kohorte derjenigen, die sich bereits finanziell auf einen Studienbeginn im Herbst festgelegt hätten, nicht jeder dann auch auf dem Campus begrüßt werden können. Fast sicher könne man sich da bei vielleicht 80% sein, von den restlichen 20% hätten der weit überwiegende Anteil angegeben, nicht vollzeitig auf dem Campus studieren zu wollen. Erstaunlich ist auch der bei solchen Umfragen mit 1% nur sehr geringe Anteil der „Don’t knows”.

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Auf der anderen Seite stellt sich freilich die Frage, was denn für Alternativen zu klassischen Studium auf einem Campus denkbar sein könnten, und ob künftige Studierende überhaupt solche Alternativen nachfragen würden. Dazu bringt der Chronicle of Higher Education einen Beitrag aus einem Hochschulberatungsunternehmen namens Art & Science Group. Man sei sich dort in zweierlei Hinsicht sicher: Zum einen werde die durch Covid-19 verursachte Wirtschaftskrise vielen Familien die Möglichkeit nehmen, für ein traditionelles Studium bezahlen zu können, zum anderen aber bliebe der Bedarf nach einem Studium auf einem Hochschulcampus ungebrochen hoch. Es heißt: „Evidently, there has not been the groundswell of interest some had projected in abandoning a traditional college experience in favor of an online degree program. Nearly two-thirds of the students we surveyed have no interest in completing a degree online, and relatively few indicated that the current crisis had made them more interested in doing so. In fact, three-fifths of these students expect an on-campus experience to be available to them in the fall.”
Einer der wichtigsten Gründe für die ungebrochene Attraktivität von traditioneller terziärer Bildung läge im Vertrauen zur Institution Hochschule begründet, die mit Covid-19 noch einmal ins Bewusstsein gehoben wurde. Hierzu heißt es: „Of the sources of information we tested in our April survey, students trusted two the most as they made plans for the fall: public-health experts and organizations, and colleges. Students found the president of the United States least trustworthy, followed by the news media.”

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College Stress Tests
Der Chronicle of Higher Education befasst sich mit dem bei Johns Hopkins University Press veröffentlichten Buch „The College Stress Test”, mit dem seine Autoren die Überlebensfähigkeit von Hochschulen testen und ggf. geeignete Gegenmaßnahmen einleiten wollen, so dass es nicht zu einer Schließung kommen müsse. Das Buch sei eine Reaktion auf die Kluft zwischen objektiv erkennbaren Vitaldaten von Hochschulen und der Neigung der Verantwortlichen, diese Daten zu ignorieren. Man kenne dies bereits von Einrichtungstypen, bei denen dann häufig „small, underendowed, rurally situated colleges with substantial tuition discounting and a high reliance on international students” im Nachruf als Todesursache zu lesen sei. 
Doch auch darüber hinaus könne man recht einfach eine Checkliste mit Risikofaktoren zusammenstellen, von denen nicht jeder jeweils zum Tode führen müsse und die auf der anderen Seite auch jeweils einzeln angegangen werden könnten. Zu den promienteren Risikofaktoren zähle der College Stress Test ein Fehlen von Analysen zur Kostenstruktur, Verpflichtungen von Hochschulen in auf Wachstum ausgerichteten Vertragsgeflechten, die fehlende Kenntnis darüber, ab wann die jeweilige Einrichtung anfing, an ihren Reserven zu zehren und der Bedarf, sich über die einkommensschwachen Sommermonate hinweg mit Krediten behelfen zu müssen. Solche Merkmale seien frühe Hinweise auf einen möglichen Eintritt in eine „Death Spiral” und könnten und sollten – als solche rechtzeitig erkannt – geändert werden.

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Sie finden eine Beschreibung des Buchs auf der Verlagswebseite hier.

Inside Higher Education meldet die Veröffentlichung eines Leitfadens zum Umgang mit Schließungen von Hochschulen durch die National Governors Association und den Think Tank New America. Bereits vor Covid-19 seien mehr als 500.000 Studierende von Schließungen von etwa 1.200 Standorten betroffen gewesen und angesichts der gegenwärtigen Krise müsse man mit noch deutlich größeren Problemen rechnen. Die Meldung zitiert aus dem Leitfaden: „This resource is meant to be a primer on the state role in quality assurance and consumer protection. It also offers a guide for prospective state action to forecast and manage institutional closures induced by COVID-19.”
 
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Kurznachrichten
Der Chronicle of Higher Education befasst sich mit „Tenure for the Common Good”, einer Initiative entfristeter Professoren zum Kampf für die Rechte von weitgehend rechtlosen, weil stets befristet und ohne Sozialleistungen angestellten Lehrbeauftragten (Adjuncts). Der Beitrag nennt Gründe für die Initiative einer Gruppe von Priviligierten, die sich bislang nur sehr wenig für die Unterpriviligierten in ihrem Berufsstand interessierten: „They [tenured professors] have watched their own kind dwindle. Positions are remaining unfilled. Tenure lines are getting pruned. There’s still the same service work to do, but fewer people to do it, and those who remain shoulder the burden. They’ve also mentored their own graduate students as those scholars have braved an anemic academic job market and felt the sting of not being able to land good positions.”
 
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Das Cambrian College in der kanadischen Provinz Ontario meldet die Umbenennung ihres Departments for Applied Research in „Cambrian R&D”, um die Absicht der Hochschule zu verdeutlichen, noch enger mit der Industrie zusammenarbeiten zu wollen. Mit der Umbenennung gehe eine neue Webseite einher, deren Nutzen mit den Worten beschrieben wird: On the site, industry and other research partners will be guided through the R&D process and how Cambrian can help.”

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Inside Higher Education meldet die Bereitstellung von fast $1,4 Mrd. für die sog. „Minority-Serving Institutions” der US-amerikanischen Hochschullandschaft und schreibt: „The money, under the terms of the $2.2 trillion stimulus bill approved by Congress and signed by President Trump last month, can be used to pay for technology as classes move online during the pandemic, as well as other costs from campus closures, such as lost revenue associated with the transition to distance education, grants to cover the costs of attendance for eligible students and faculty and staff training.” Verbände dieser Einrichtungen, wie etwa Historically black Colleges and Universities (HBCU) machten allerdings darauf aufmerksam, dass weitere $1,5 Mrd. notwendig seien, die Folgen von Covid-19 für diesen Sektor der Landschaft bewältigen zu können.
 
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Im Chronicle Review findet sich ein Interview mit dem Bildungsmedienunternehmer Zachary Davis, zu dessen Unternehmen auch die Plattform Lyceum gehört, wo lehrreiche Podcasts abgerufen werden können. Davis, in seinen früheren Berufsjahren bei EdX, dem Produzenten von Massive Open Online Courses (MOOCs) an Harvard University, antwortet auf die Frage, was denn seine Podcasts von den MOOCs unterscheide, deren Lehrerfolge doch deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben seien. Er antwortet: „They’re [MOOCs] much more expensive than they need to be. A lot of effort was spent on video, and I just don’t think most subjects need video. You know, lectures are often maligned. But at their best, lectures are profoundly exciting things to listen to – they combine arguments and storytelling to reveal the world in ways that there’s no substitute for.”

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