19.10.2020
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Die Themen dieser Woche:

  • Covid-19 und Hochschulen
  • Rückgang von Studierendenzahlen
  • Magere Zeiten stehen bevor
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns weiterhin mit dem Thema Covid-19 und Hochschulen und mit jüngsten Zahlen zum Rückgang der Studierendenzahlen in den USA. Wir werfen zudem einen Blick auf zwei Chronicle-Beiträge zu den anstehenden mageren Zeiten für US-Hochschulen und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre und in diesen Wochen zudem Gesundheit, Geduld und Zuversicht.

Stefan Altevogt

Covid-19 und Hochschulen
Der Chronicle of Higher Education meldet den Tod des Präsidenten der Saint Augustine’s University, Irving Pressley McPhail, und schreibt: „His death followed a Covid-19 infection. (...) McPhail contracted the virus off campus, and his close contacts were quarantined; (...) no students had caught Covid-19 from McPhail.”
Ebenfalls an den Folgen einer Covid-19-Infektion sei ein Polizist am Asheville-Campus der University of North Carolina gestorben, wobei allerdings nicht klar sei, wo er sich angesteckt habe.
Dass Hochschulen derzeit allerdings mitunter brisante Infektionsherde seien, macht eine weitere Meldung zu Clemson University deutlich, wo 16% der Studierenden positiv getestet worden seien.
Laut Einschätzung der White House Coronavirus Task Force könnten in einigen Landesteilen – genannt wird Georgia – die Infektionsraten an Hochschulen mit 20% sogar noch darüber liegen.
Am Standort der Brigham Young University in Idaho seien am Montag die Studierenden davor gewarnt worden, sich absichtlich mit Covid-19 zu infizieren, um es „hinter sich zu bringen“ und durch Bildung von Antikörpern ihr eigenes Blut zu einem Verkaufsschlager zu machen. Es heißt: „A spokeswoman for Eastern Idaho Public Health said she had heard rumors that people had intentionally contracted the coronavirus, but had not confirmed them. The news outlet previously reported that plasma centers in the area had paid more money to people whose plasma contained Covid-19 antibodies.”

Sie finden die Meldungen hier.

Ein Beitrag in der New York Times lässt Studierende zu Wort kommen, die auf ihren Campi aufgrund von Corona-Infektionen gerade in Quarantäne stecken, und scheut auch nicht vor erschreckenden Formulierungen zurück: „‘SEND HELP‘ and ‘FREE US‘ were written in sticky notes on the windows of a dorm at the University of Wisconsin-Madison, as a soundtrack from ‘The Purge‘ movies – a series of dystopian horror films – boomed from an upper floor. Freshmen in pajamas and masks darted up and down sidewalks in driving rain, hauling bags of groceries and bottles of alcohol. Frazzled parents waited in minivans as their children dragged belongings outside to evacuate.”

Sie finden den Beitrag hier.

Die New York Times meldet den Rücktritt der Präsidentin des Oneonta-Campus der State University of New York (SUNY) infolge einer drastischen Häufung von Infektionen mit Covid-19 und schreibt: „The departure of the president, Barbara Jean Morris, is one of the most high-profile over the coronavirus crisis, which has thrown many colleges and universities across the country into turmoil as they try to maintain some semblance of campus life during the outbreak.”

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Rückgang von Studierendenzahlen
Das National Student Clearinghouse Research Center (NSCRC) zeichnet mit seinen jüngsten Zahlen zu Einschreibungen an US-Hochschulen ein derzeit rasch düster werdendes Bild zur Situation des Markts für Hochschulbildung. Rund einen Monat nach Semesterbeginn hätten danach die Studierendenzahlen in Undergraduate-Programmen 4% unter dem Niveau des Vorjahres gelegen, in den Graduate-Programmen 2,7% unter den Zahlen des Vorjahres. Noch weitaus größere Sorgen machten die Entwicklungen bei Ersteinschreibungen. Demnach haben sich landesweit 16.1% weniger Studierende zur ihren Freshmen-Years eingefunden, an Community Colleges gar 22,7% weniger.

Sie finden die Zahlen hier.

Der Chronicle of Higher Education mahnt zur Vorsicht bei der Bewertung der vorläufigen Zahlen, die den Datumsstempel vom 10. September tragen würden und bislang lediglich 22% der Einrichtungen berücksichtigten, die regelmäßig Zahlen an das NSCRC meldeten. Es heißt: „In recent weeks, individual institutions – many of them large public universities – have reported unexpected enrollment growth in a year when some indications had been that significant numbers of students would alter their choice of college or opt out of going altogether. For example, Louisiana State University said on Tuesday that its freshman class was 9 percent larger than last year’s and that ‘despite the Covid-19 pandemic’, enrollment overall was at an all-time high of 34,290 students.”

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Für die New York Times ist die durch Covid-19 nun dramatisch beschleunigte Entwicklung in der Hochschullandschaft allerdings Teil von strukturellen Veränderungen im Bildungsmarkt. Der Beitrag fasst noch einmal zusammen, an welchen Stellen die Hochschulen von Covid-19 besonders folgenreich getroffen wurden. Es heißt: „Since the start of the pandemic, more than 178,000 virus cases have been reported at more than 1,400 colleges as of Oct. 8. (...) So far, 29 games in the Football Bowl Subdivision, college football’s premier tier, have been postponed or rescheduled for virus-related reasons, and one of college sport’s biggest names, Alabama Coach Nick Saban, announced he had tested positive on Wednesday.”
Der Beitrag lässt zudem mit Doug Shapiro den Direktor des NSCRC zu Wort kommen, dem vor allem der sehr deutliche Rückgang bei den Ersteinschreibungen an Community Colleges Sorgen bereiten, ein Hochschultyp, der sich sonst in Krisenzeiten oft einer höheren Nachfrage habe erfreuen könne.

Sie finden diesen Beitrag hier.

Am kommenden Donnerstag werden Doug Lederman und Scott Jaschik von Inside Higher Education in einem Webinar die Erkenntnisse der jüngsten Umfrage diskutieren, darunter die Einsichten, dass eine Mehrheit der Hochschulen ihre jeweiligen Rekrutierungsziele selbst bei einer von 1. Mai auf 1. Juli verlängerten Frist nicht haben erreichen können. David Hawkins von der National Association for College Admission Counseling wird dazu mit den Worten zitiert: „These results confirm that 2020 will be a year that all of us in college admission will be happy to get through in one piece.”

Sie finden den Beitrag zu den Zahlen hier.

Die Registrierung für die Veranstaltung läuft über die folgende Webseite:

https://event.on24.com/eventRegistration/EventLobbyServlet?target=reg20.jsp&partnerref=E0B10&utm_source=Inside%2BHigher%2BEd&utm_campaign=001732cd1d-Webcast_2020admissofficers_email2_10.14.2020&utm_medium=email&utm_term=0_1fcbc04421-001732cd1d-197815209&eventid=2698199&sessionid=1&key=7D49237788EE69402CAB777BF5D4C052&regTag=&sourcepage=register


Magere Zeiten stehen bevor
Für den Chronicle of Higher Education gibt es keinen Zweifel daran, dass US-amerikanische Hochschulen nicht erst langfristig, sondern bereits jetzt und hier die Gürtel deutlich enger schnallen müssten. Bislang hätten, so ein Beitrag, die fast 350.000 Entlassungen an Hochschulen in diesem Jahr vor allem Lehrbeauftragte betroffen und Hochschulmitarbeiter, die sich um die Unterbringung und Verpflegung von Studierenden kümmerten, doch würden Kernbereiche der Arbeitsverhältnisse an Hochschulen nicht dauerhaft vor den Folgen der Krise geschützt werden können. Es heißt: „Full-time faculty and staff members in other positions have borne less of the brunt of the pandemic and ensuing recession to this point, even though many of us across the country (...) have taken cuts to salary and benefits while being expected to do more work.”
Selbst wenn man im Frühjahr vielleicht noch hätte davon ausgehen können, dass Entlassungen nur vorrübergehend sein und durch Neu- oder Wiedereinstellung rückgängig gemacht würden, setze sich mittlerweile die Einsicht in einen dauerhaft notwendigen Schrumpfungsprozess durch. Es heißt: „There are growing signs that colleges will make permanent cuts to their entire work force. Two recent examples are the University of Akron, which recently laid off 97 unionized faculty members after invoking a force majeure clause in its collective-bargaining agreement, and Ithaca College, which is planning to lay off nearly one-fourth of its faculty members.”
Die Pandemie habe die Hochschulhaushalte unter enormen Stress gesetzt und dieser Stress werde sehr viel länger andauern als die eigentliche Pandemie. Was jetzt bereits in Akron oder Ithaca sichtbar würde, sei allenfalls der Beginn eines Sturzes weiter Teile der Hochschullandschaft über die Klippe: „The truth is that the future was already looking grim for colleges because of a pending enrollment cliff, and the pandemic has just made things worse.“
Als Folge einer bereits lange absehbaren demografischen Entwicklung würden Studierende im traditionellen Studienalter seltener und die als Ersatz dafür kultivierten demografische Gruppen hätten deutlich geringeres Interesse an hochpreisigen Bildungsangeboten mit Vollpension. Es heißt: „While recent high-school graduates attending college full time are no longer the typical college student in American higher education, older adult students are less likely to live on campus or be able to pay full sticker price to attend. Because of the expected lingering economic impact of the pandemic, even fewer potential students are going to be willing or able to pay full price. For colleges that rely on housing dollars and tout the residential-college experience, voluntarily switching to evening, weekend, and online classes is a difficult sell. It’s also a hard sell to board members, who are resistant to changing a model they remember fondly as students themselves decades ago.”

Sie finden den Beitrag hier.

Ein anderer Beitrag des Chronicle of Higher Education nimmt Ergebnisse von Umfragen unter für die Zulassung von Studierenden verantwortlichen Hochschulmitarbeitenden zum Anlass für die Beschreibung einer allgemeinen Stimmung von Pessimismus. Es heißt in dem mit „We Haven’t Begun to Feel the Real Economic Damage“ überschriebenen Beitrag: „The responses to the survey reinforce some of the top-level findings of recent studies (...): Declining enrollment, increased operating costs, and state budget cuts are inflicting deep financial pain on nearly every sector of higher education.”
Auch im Lichte der Umfragen des Chronicle sähe es derzeit besonders schlecht um die Community Colleges bestellt aus, von denen mehr als die Hälfte Studierendenrückgänge von mehr als 10% verkraften müssten.

Sie finden diesen Beitrag hier.

Kurznachrichten
Die New York Times befasst sich mit einer neuen Studie zur Komposition der Anfängerjahrgänge US-amerikanischer Hochschulen und schreibt: „U.S.-born children of immigrants or immigrant students raised in the United States accounted for nearly 60 percent of the growth in university enrollment since 2000.” Bereits 2018 hätten landesweit 5,3 Mio., also knapp 30% aller Studierenden einen Migrationshintergrund gehabt, Tendenz derzeit stark steigend, was der Vergleich mit dem Jahr 2000 nahelege, wo sich diese Zahl noch um 20% habe. In einigen Teilen des Landes sei diese Entwicklung noch deutlich überdurchschnittlich, so seien etwa in Kalifornien schon knapp die Hälfte der Studierenden Kinder von Immigranten und in acht Bundesstaaten (Florida, Hawaii, Massachusetts, Nevada, New Jersey, New York, Texas und Washington) läge der Anteil zwischen 30% und 40%.

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NAFSA: Association of International Educators macht noch einmal auf die am 26. Oktober auslaufende Kommentierungsfrist zur vom US State Department beabsichtigten Veränderung in den Bestimmungen für Visa für internationale Studierende (und Forschende) in den USA aufmerksam und schlägt in einer Liste von „Talking Points“ allen von den Veränderungen betroffenen Verbänden als eine einheitliche Stellungnahme vor: „We urge that the proposed rule be withdrawn in its entirety, and that admission for the duration of status remain in effect.“ Zur Erinnerung: Bislang bleiben Visa „for the duration of status“ gültig, also so lange, wie die jeweiligen Studierenden in dem Programm beschäftigt bleiben, für das das Visum ausgestellt wurde. Das State Department will nun regelmäßig entsprechende Visa nur noch für zwei bzw. vier Jahre ausstellen, nach deren Ablauf Verlängerungen beantragt werden müssten.

Sie finden den Aufruf hier.

Ein Beitrag der New York Times befasst sich mit der durch die Corona-Pandmie noch einmal verstärkten ökonomischen Schieflage der vor gut 100 Jahren in New York gegründeten New School for Social Research und schreibt: „Like so many institutions rooted in progressive purpose, the university would learn all too painfully that idealism is expensive. (...) By the time the coronavirus arrived to darken the fortunes of so many universities around the country, the New School had already been dealing with longstanding financial difficulties. It would soon face a budget shortfall of $130 million and was set to draw down its endowment by an astonishing $80 million, nearly a quarter of its total value. To put that figure in perspective, the president of Princeton said in May that spending anywhere above 6 percent of the university’s $26 billion endowment – roughly $1.5 billion – was ‘not sustainable’. The New School had reached the point of existential crisis long before Princeton ever would.”

Sie finden den Beitrag hier.

Die New York Times meldet ein von fünf Professorinnen an Rutgers University gegen die Hochschule angestrengtes Gerichtsverfahren, in dem sie sich ein ihren männlichen Kollegen vergleichbares Gehalt erstreiten wollten. Es heißt: „On Wednesday night, in the latest battle over equal pay in higher education, five female tenured professors accused Rutgers in a lawsuit, filed in State Superior Court, of paying them far less than their male counterparts.“

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