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DAAD Nordamerika Nachrichten
26. März 2017

 Die Themen dieser Woche:
  Maßnahmen zur Steigerung des Studienerfolgs an Community Colleges
  Bernie Sanders zu Hochschuleffizienz und Studiengebühren
  Studierende an vierjährigen US-Colleges: Entwicklung der vergangenen 50 Jahre
  Kurznachrichten
 
  Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns mit Maßnahmen zur Steigerung des Studienerfolgs an Com-munity Colleges und mit einem Interview mit Bernie Sanders zur Effizienz öffentlicher Hochschu-len und zur Frage des Deckungsbeitrags von Studierenden aus Haushalten mit Jahreseinkommen von unter $125K. Wir werfen zudem einen Blick auf einen Beitrag des Chronicle of Higher Educati-on zur Veränderungen in den Freshmen-Kohorten an vierjähren US-Colleges in den vergangenen 50 Jahren und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine für Sie interessante Lektüre.

Stefan Altevogt

Maßnahmen zur Steigerung des Studienerfolgs an Community Colleges

  Nach Schätzung des Community College Research Centers der Columbia University müssen einem Beitrag im Chronicle of Higher Education zufolge fast zwei Drittel der Studienanfänger an den Community Colleges des Landes zunächst einmal mit Brückenkursen (remedial classes) in Englisch oder Mathematik auf Studienanfängerniveau gebracht werden, doch seien diese Bemühungen nicht immer von Erfolg gekrönt: „Only one in five students who are referred to such classes goes on to pass the relevant entry-level college course. Fewer make it to graduation. Even more so than in the general population of two-year colleges, remedial courses are filled with first-generation, low-income, and older students whose complicated lives often derail their college goals.”
Hier für Verbesserungen zu sorgen, sei in vielen Bundesstaaten mit bislang überschaubarem Er-folg über Inhalt und Struktur der Brückenkurse nachgedacht worden, so überschaubar, dass an der City University of New York (CUNY) seit einigen Jahren auch andere, flankierende Maßnahmen ausprobiert würden. (Mit 270.000 auf ein Degree hin Studierenden und ebenso vielen für einzelne Certificates Eingeschriebenen ist CUNY das landesweit bei weitem größte städtische Hochschul-system.) Das Problem der zurzeit deutlich unter 50% betragenden Graduation Rate sei vor allem an CUNYs zahlreichen Community Colleges zu Hause, weshalb man an einigen ausgewählten Stand-orten mit einem „Accelerated Study in Associate Programs (ASAP)” genannten Mentoring-Programm oft zu verhindern in der Lage sei, dass Studierende aus eigentlich nichtigen Gründen ihr Studium an den Nagel hingen. Es heißt: „Much of its success (..) is based on the life-planning skills that help students identify ways to avoid dropping out in response to a short-term crisis, which is often the default reaction.” Eine kaputte Benzinpumpe am Auto sei für ein Kind aus ein-kommensstärkeren Schichten vielleicht ärgerlich, würde aber in einkommenschwächeren Schich-ten häufig zu Entscheidungssituationen führen, in denen dann die Fortsetzung der Hochschulbil-dung nachrangig beurteilt würde.

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Ein weiterer Beitrag im Chronicle of Higher Education wirft einen Blick auf Spielregeln und Kosten des an bisher neun CUNY-Standorten angebotenen ASAP-Programms. Es heißt: „ASAP promised to cover any tuition that wasn’t met by financial aid, and to provide textbooks vouchers and unlim-ited transit passes.” Im Gegenzug verpflichte sich der Studierende zu einem vollzeitigen Studium, zur erfolgreichen Absolvierung ggf. erforderlicher Brückenkurse im ersten Studienjahr und zur re-gelmäßigen Terminen mit Tutoren und Beratern. Die Kosten des im Moment von etwa 15.000 Stu-dierenden an CUNY wahrgenommenen Programms beliefen sich auf $16K pro Studierendem über drei Jahre. Es heißt dazu: „Still, it’s cost-effective, proponents say, because so many more stu-dents graduate. At three CUNY colleges, the program nearly doubled the three-year graduation rate for students who started out in remedial classes, according to the study.”
ASAP sei so günstig im Preis-Leistungs-Verhältnis, dass es im Hinblick auf die problematischsten Studierendengruppen als derzeit das landesweit beste Modell zur Verbesserung des Studiener-folgs gelte und mittlerweile an zahlreichen anderen Community Colleges kopiert werde.

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Die New York Times berichtet auf ihren Bildungsseiten ebenfalls von den Bemühungen der CUNY, die Graduation Rate in den kommenden Jahren merklich zu steigern, und die Rolle von Brücken-kursen bei diesen Bemühungen. Es sei zum einen in der Vergangenheit zu häufig an der Studien-wirklichkeit vorbei getestet und zu viele Studierende unnötig in Brückenkurse geschickt worden. Dies solle jetzt durch neue Tests abgestellt werden. Zum anderen wolle man die Bedeutung von Algebra neu bewerten, der Hürde, an der zurzeit noch viele scheitern würden, die in einem Studi-um vertiefte Kenntnisse in Algebra nicht bräuchten. Hierzu heißt es: „CUNY will now require all of its associate degree programs to offer an alternative to remedial algebra, like quantitative reason-ing or statistics.”

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Bernie Sanders zu Hochschuleffizienz und Studiengebühren

  Vor einem Jahr war Bernie Sanders als ein aussichtsreicher Kandidat für die Nominierung zum Kandidaten der Demokraten bei den Präsidentschaftswahlen unter anderem mit der Forderung aufgetreten, das grundständige Studium für Kinder aus Haushalten mit Jahreseinkommen von weniger als $125K an öffentlichen Hochschulen von Studiengebühren zu befreien. Diese Forderung erwies sich als derart populär, dass sie Aufnahme in die Wahlkampfplattform von Hillary Clinton fand und derzeit die im Bundesstaat New York vom demokratischen Gouverneur Andrew Cuomo verfolgte Politik ist.
Die New York Times führte Anfang Februar ein Interview mit Bernie Sanders, bei dem es über die Forderung nach einer Abschaffung von Studiengebühren hinaus vor allem um die Frage ging, wie US-amerikanische Hochschulen ihre im internationalen Vergleich sehr hohen „Stückkosten” in der Ausbildung reduzieren könnten. Nach Ansicht von Sanders gäbe es zwar spektakuläre Ausgaben von Hochschulen, die mit ihrem Bildungsauftrag wenig bis nichts zu tun hätten, etwa Football-Stadien, doch seien im Gesamtbild andere Faktoren wichtiger: „Many of the costs associated with colleges don’t have a lot to do with education per se, whether it’s health care for faculty or energy costs. And those are national problems that we have to address.”
Das zentrale Argument von Sanders in seiner Forderung nach Abschaffung der Studiengebühren ist die logische Fortführung des Gedankens kostenloser (für Kinder bzw. deren Eltern) Ausbildung vor der Hochschulreife im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit unter mittlerweile zahlreich gewordenen wissensbasierten Erwerbsgesellschaften. Es heißt: „Right now and for well over 100 years, we’ve talked about public education in America as being K-12 [Kindergarten bis Ende Oberschule]. So we have to change the definition of what free public education means in a changing economy. We used to be No. 1 in the world, in terms of the percentage of people who graduated from college and universities. Today, we are No. 11 among people 35 and under.”
Würde die öffentliche Hand, so schließlich die sich aufdrängende Frage, für Kinder aus Familien mit Einkommen von weniger als $125K an öffentlichen Hochschulen übernehmen, würden dann nicht die Hochschulen geradezu aufgefordert, den Deckungsbeitrag der Studierenden in einem zunehmend ineffizienter werdenden Ausbildungssystem dauernd zu erhöhen. Darauf antwortete Sanders dann eher ausweichend: „I don’t think so. What you’ve seen in recent years is significant underfunding. But I think it’s incumbent on those state legislatures and governors to make sure they are run cost-effectively and hire people who are capable of doing that.”

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Studierende an vierjährigen US-Colleges: Entwicklung der vergangenen 50 Jahre

  Von den derzeit 17,3 Mio. Undergraduates und 2,9 Mio. Graduate Students sind laut jüngster Almanach-Ausgabe des Chronicle of Higher Education 8,2 Mio. an öffentlichen Colleges eingeschrieben und 4 Mio. an privaten, gemeinnützigen Einrichtungen. Ein nennenswerter Teil der Undergraduates verteilt sich zudem im Wesentlichen auf zweijährige Community Colleges (6,4 Mio.) und gewinnorientierte Hochschulen (1,6 Mio.).
Zur Entwicklung der Zusammensetzung der Studierendenkohorte an öffentlichen und privaten, gemeinnützigen Colleges (vierjährig) hat der Chronicle Ende vergangenen Jahres einige inter-essante Daten veröffentlicht, die zum einen zeigen, dass die vierjährigen Hochschulen des Landes seit fünf Jahren eine höhere ethnische Diversität aufweisen als die Gesamtbevölkerung, dass zum anderen aber der Anteil der bislang noch stark unterrepräsentierten Afroamerikaner an den Ko-horten kaum angestiegen ist. Die treibende Kraft hinter der gestiegenen Diversität: „Growing His-panic and Asian populations have driven the increased diversity of the nation’s freshmen.”
Für die Wertschätzung von Hochschulen im Hinblick auf soziale Mobilität spielt der Anteil der „First Generation Students” eine wichtige Rolle, der Studierenden also, deren Eltern bzw. Er-ziehungsberechtigten keine Hochschule besucht haben. Dieser Anteil darf mit zunehmender Hochschulbildung in der Gesamtbevölkerung wohl sinken (von 40% Mitte der 1960er Jahre bis auf zuletzt 17% in der betrachteten Kohorte), sollte es aber nicht in den bislang unterrepräsentierten Bevölkerungsschichten. Nach Einschätzung von Kevin Kruger, dem Präsidenten des Berufsverbands Student Affairs Administrators in Higher Education, sind die Hälfte aller Stud-ierenden in den USA „First Generation Students”, das heißt sie sammeln sich vor allem außerhalb der betrachteten Kohorte. Es heißt: „Taken together, those data points suggest that many first-generation students, who are often at the lower end of the socioeconomic scale, are following non-traditional college paths and not enrolling as full-time students at four-year colleges. (..) Mr. Kru-ger says it’s good that there are alternative paths, but he warns that higher education could end up reinforcing class divisions between those who can afford selective colleges and those who can’t. A positive sign would be an up-tick in the percentage of first-generation students who enroll at four-year colleges.”

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Kurznachrichten

  Die New York Times befasst sich in dieser Woche mit den drei großen Hochschulbau-Projekten, die derzeit in New York den Eröffnungen ihrer jeweiligen ersten Ausbaustufen entgegenstreben und die Stadt deutlich mehr konkurrenzfähig gegenüber den beiden „Wissenzentren” Silicon Valley und Boston/Cambridge werden lassen sollen. Die Rede ist vom neuen Manhattanville Campus der Columbia University (Investitionsvolumen $6,3 Mrd.), dem auf Roosevelt Island entstehenden Cornell-Technion Campus (Investitionsvolumen $2 Mrd.) und dem Ausbau der Ingenieurschule der New York University in Downtown Brooklyn (Investitionsvolumen zunächst $350 Mio.), Projekte, wie sie zwar auch an anderen US-amerikanischen Hochschulen verfolgt würden, doch nicht in vergleichbarer Verdichtung und Ausmaß. Es heißt: „What is happening at these three elite universities is unfolding on a scale with little, if any precedent, according to university presidents, economists and urban planners. And as it unfolds, it is remaking the urban and economic landscape.”

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Universities Canada begrüßt die im jüngsten kanadische Haushalt angelegte neue Förderung berufsbezogener Ausbildung an den Hochschulen des Landes und schreibt: „Universities are pleased with the establishment of a new organization to support skills development and measure-ment in Canada, with $225 million over four years, starting in 2018–19, and $75 million per year thereafter.”

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Der Chronicle of Higher Education befasst sich in einem Beitrag mit möglichen Strategien geisteswissenschaftlicher Institute, ihre Schließung wegen scheinbarer oder tatsächlicher Irrele-vanz zu vermeiden. Im Zentrum stünden dabei Werkzeuge, die philosophische Institute in den ver-gangenen Jahren infolge akkuter Bedrohungen hätten entwicklen müssen. Es heißt: „The lessons for philosophy are likely to apply to many other humanities programs, including English and his-tory. Like philosophy, they are often on the chopping block when universities face budget short-falls mainly because the number of students declaring majors in those disciplines has declined or remained flat over the last decade. Students are increasingly reluctant to consider majors that have no clear path to a career.” Wenn alle Fächer außerhalb von STEM (Science, Technology, Engineer-ing and Math) als irrelevant angesehen würden, so der Kerngedanke der „Toolbox”, müsste die Relevanz von Geisteswissenschaften für STEM-Fächer besser herausgearbeitet werden.

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In einem Versuch im Chronicle of Higher Education, die derzeit etwas aufgeflammte Debatte um die Rolle von Hochschulen im freien Austausch von Meinungen (etwa zuletzt Milo Yiannopoulos an Berkeley und Charles Murray an Middlebury) zu versachlichen, legt Stanley Fish, Juraprofessor an der Florida International University, gezielt Holzscheite auf’s Feuer, Scheite wie diesen: „Whether it is a department, a college, a dean, a provost, a learned-journal editor, it is the business of the university to silence voices, not to license them indifferently.” Der freie Austausch von Meinungen sei ein Ideal der Demokratie, aber Universität sei eben keine Demokratie. Die Freiheit der Universität beziehe sich auf die der Forschung, nicht auf die der Meinungsäußerung. Adminis-tratoren von Hochschulen rät er: „Stop thinking of yourselves as in-house philosophers or free-speech champions or dispensers of moral wisdom, and accept your responsibility as managers of crowd-control, an art with its own history and analytical tools, and one that you had better learn and learn quickly.”

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