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DAAD Nordamerika Nachrichten
27. November 2016

 Die Themen dieser Woche:
  Betsy DeVos soll Bildungsministerin werden
  Zukunft der Uni-Bibliotheken
  Unter Beobachtung: Akademia nach der US-Präsidentschaftswahl
  Kurznachrichten
 
  Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns mit der designierten Bildungsministerin Betsy DeVos und möglichen Auswirkungen auf die Bildungspolitik der USA und mit der Zukunft von Uni-Bibliotheken. Wir werfen zudem einen Blick auf einen Boom sogenannter Watch Lists nach der US-Präsidentschaftswahl und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.

Stefan Altevogt

Betsy DeVos soll Bildungsministerin werden

  Zu einer der frühen Personalentscheidungen des 45. US-Präsidenten zählt die Wahl von Betsy DeVos, die im kommenden Jahr in einem Kabinett Trump das Amt des U. S. Secretary of Education bekleiden und damit Nachfolgerin von John King werden soll, der seinerseits das Amt von Arne Duncan übernommen hatte.
Die New York Times versucht in einem Beitrag aus den vergangenen Initiativen von DeVos Rückschlüsse auf kommende Politik zu ziehen und nimmt als einen der wenigen Anhaltspunkte das Engagement der Milliardärin für privatwirtschaftliche Alternativen zum öffentlichen Schulsystem in ihrem Heimatstaat Michigan. Diese Alternativen kämen in Form entweder von Gutscheinsystemen (Vouchers) oder in Form von Charter Schools. Es heißt: „They differ in both structure and political orientation. Charter schools are public schools, open to all, accountable in varying degrees to public authorities, and usually run by nonprofit organizations. Vouchers, by contrast, allow students to attend any school, public or private, including those run by religious organizations and for-profit companies.”
Nun könne allerdings eine Bildungsministerin DeVos nicht einfach in die kommunalen und bundesstaatlichen Zuständigkeiten für Schulen hineinregieren, denn von den mehr als $600 Mrd., die jährlich im Bereich K-12 (also vom Kindergarten bis zum Ende der Oberschule) ausgegeben würden, kämen weniger als 9% aus dem Bundeshaushalt. Und diese Mittel seien für besondere Zwecke vorgesehen: „It is almost exclusively dedicated to specific populations of children, most notably students with disabilities and students in low-income communities.”
Es gäbe demnach eigentlich keine leicht verfügbaren Haushaltsmittel, die von Trump vorgeschlagenen $20 Mrd. zu finanzieren, mit denen eine Umstellung des über weite Strecken noch öffentlichen Schulsystems auf ein mit Gutscheinen betriebenes Marktsystem zu bewerkstelligen wäre, zumal $20 Mrd. für den Umfang der geplanten Maßnahmen deutlich zu wenig sei. „Which is why Mr. Trump’s proposal assumes that states will kick in another $110 billion. States don’t have that kind of money lying around. The only plausible source is existing school funding. But even if Ms. DeVos were to find a willing governor and state legislature, it’s not that easy. Roughly half of all nonfederal education funding comes from local property taxes raised by over 13,000 local school districts. They and their elected representatives will have a say, too.”
Für den Bereich der Hochschulen sei der Einfluss des Bundes hingegen größer und mit hoher Wahrscheinlichkeit werde die neue Regierung die Bemühungen der letzten Administration zur Beschränkung vor allem gewinn- und weniger ergebnissorientierter Bildungsanbieter zurückfahren wollen. Wie sich das freie Spiel marktwirtschaftlicher Interessen im Bildungssektor von Michigan ausgewirkt habe, umschreibt der Beitrag schließlich mit den folgenden Worten: „In her home state, Detroit’s laissez-faire choice policies have led to a wild west of cutthroat competition and poor academic results. While there is substantial academic literature on school vouchers and while debates continue between opposing camps of researchers, it’s safe to say that vouchers have not produced the kind of large improvements in academic achievement that market-oriented reformers originally promised.”

Sie finden den Beitrag hier.

Der Chronicle of Higher Education verweist in einem Beitrag zur Personalentscheidung darauf, dass fehlende Erfahrungen in Bildungs- und Hochschulpolitik nicht notwendigerweise ein Ausschlusskriterium sein müsse. Bei einigen der Vorgänger DeVos sei es ähnlich gewesen. Es heißt: „Several Department of Education leaders – including Arne Duncan, President Obama’s choice for the post, and the late Shirley M. Hufstedler, who became the first education secretary under President Jimmy Carter – had no professional experience in the sector.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Zukunft der Uni-Bibliotheken

  Inside Higher Education widmet sich vor dem Hintergrund der jüngsten Educause Annual Conference in einem Beitrag mit der Zukunft von Hochschulbibliotheken. Das Thema sei von einer Task Force des Massachusetts Institute of Technology (MIT) über ein Jahr hinweg durch Gespräche mit Betreibern und Nutzern der Bibliotheken am MIT bearbeitet und die Ergebnisse von Chris Bourg, dem Direktor der MIT-Bibliotheken, unter dem Titel „The Future of Libraries” vorgelegt worden. Der Satz aus seinem Vortrag, der bei seinen Zuhörern sehr viel Resonanz gefunden habe: „I don’t think we need to save libraries, but I do think we might need libraries to save us.”
Die Ergebnisse und Empfehlungen seien zwar noch vorläufig, doch sei deutlich, dass die Zukunft von Uni-Bibliotheken als eine „open global platform” gesehen werden müsse, zu der jeder unabhängig von Ort, Zeit und organisatorischer Zugehörigkeit Zugang habe. In einem Gespräch mit Inside Higher Education habe Bourg diese Vision einen „Moon Shot” genannt, also ein sehr ehrgeiziges Unterfangen, und er habe noch einmal die vier Säulen hervorgehoben, auf denen die Bibliotheken der Zukunft ihre Aufgabe bei der Beantwortung wichtiger Fragen erfüllen könne: „Community and relationships, discovery and use, stewardship and sustainability, and research and development.”
Dies zu erreichen, werde nur gelingen können, wenn von traditionellen Aspekten der Bibliotheken als physischen Orte von Sammlung, Pflege und Aufbewahrung Mittel in Form von Geld und Gebäuden abgezogen und für die virtuelle Verfügbarmachung eingesetzt würden. Dies sei nicht nur am MIT die Entwicklung, sondern etwa auch am Georgia Institute of Technology. Hierzu heißt es: „The Georgia Institute of Technology, for example, has launched a Library Renewal Project that includes moving about 95 percent of its physical books to a cold storage facility it shares with Emory University. The space gained by cutting down on stacks will help the library in its transformation into a service organization, administrators there said.”
Für Bourg seien die nun vorgelegten Diskussionsergebnisse eine Einladung der Hochschule, an der Entwicklung teilzuhaben: “We tried to write the report as an invitation. If this is your vision for the future, too, come join us, help us build it.”

Sie finden den Beitrag hier.

Sie finden The Future of Libraries hier.

Sie finden das Library Renewal Project hier.

Unter Beobachtung: Akademia nach der US-Präsidentschaftswahl

  Ein Beitrag des Chronicle of Higher Education befasst sich in dieser Woche mit einer bedenklichen „Mode” an US-amerikanischen Hochschulen nach dem überraschenden Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl und dem damit einhergehenden „Triumph” des „Make America Great Again”. Der Beitrag beleuchtet Organisationen wie den „Turning Point USA (TPUSA)”, ein seit 2012 aktives „Student Movement for Free Markets and Limited Government”, das eine sog. „Professor Watchlist” mit dem Ziel unterhält, „to expose and document college professors who discriminate against conservative students and advance leftist propaganda in the classroom.” Der Beitrag wirft einen Blick auf die weit auslegbaren Gründe, warum derzeit rund 200 Professoren auf der Watchlist gelandet seien, wie etwa Gründe dafür zu formulieren, warum das Tragen von Schusswaffen an Hochschulen durchaus unerwünschte Wirkungen entfalten könne. Die Idee gedankenpolizeilicher Maßnahmen an Hochschulen sei dabei nicht neu – so wird etwa das 2006 veröffentlichte Buch „The Professors: The 101 Most Dangerous Academics in America” des als „Nervensäge” berüchtigten David Horowitz zitiert – und bis vor der Wahl habe man in Akademia derartige Versuche auch mit Gelassenheit und Humor beobachtet, doch seit dem 9. November habe sich das Klima deutlich verändert. Auf die Frage hin, wie es sich anfühle, im Fadenkreuz von TPUSA zu erscheinen, antwortet ein Biologieprofessor an der Boise State University in Idaho: „It would’ve been humorous a few months ago. It’s not funny now.”
Während Befürworter der Professor Watchlist darauf hinwiesen, dass es sich um ein Evaluations-Instrument des geistigen Klimas an bestimmten Hochschulen handele, durchaus vergleichbar mit dem Campus Pride Index, der die Toleranz gegenüber divers ausformulierten sexuellen Identitäten fördere, fürchten Kritiker, dass daraus leicht Einschüchterungswerkzeuge gegen Träger von (zur Zeit) missliebigen Gedanken und Ideen werden könnten.

Sie finden den Beitrag hier.

Sie finden die Professor Watchlist hier.

Sie finden den Campus Pride Index hier.

Ein weiterer Beitrag des Chronicle of Higher Education macht auf die bildungsabhängige Kluft bei weißen Anhängern von Donald Trump bei der jüngsten Wahl aufmerksam. Während Weiße ohne College Degree zu zwei Dritteln für Trump gestimmt hätten, unterstützten ihn unter Weißen mit College Degree (immerhin noch) 49% und damit 4% mehr als Hillary Clinton.

Sie finden diesen Beitrag hier.

Kurznachrichten

  Ein Beitrag des Chronicle of Higher Education setzt sich in dieser Woche mit dem „Myth of the Sports Scholarship” auseinander und stellt zwei Zahlen gegenüber: Knapp 8 Mio. Oberschüler würden auf Wettkampfniveau Sport betreiben, doch nur 170.000 (2,1%) erhielten für den Hochschulbesuch Sport-Stipendien. Und selbst wenn die Leistungen zu einem Stipendium reichten, würde dies in den allermeisten Fällen die Kosten des Studiums nicht decken: „In all but six sports – football, men’s and women’s basketball, women’s gymnastics, women’s tennis, and women’s volleyball – Division I colleges [dort, wo mit Hochschulsport Geld verdient werden kann] are more limited in how they hand out money. In more than a dozen other sports – including baseball, lacrosse, and soccer – the scholarships don’t come close to covering the full cost of every athlete’s education.”

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Die Chicago Tribune meldet die Bewilligung einer finanziellen Notfallzuwendung durch das Illinois Board of Higher Education an die Western Illinois, Eastern Illinois und Chicago State Universities in Höhe von insgesamt $17Mio. und schreibt: „The money was provided through a second stopgap plan to keep schools open, which Gov. Bruce Rauner signed June 30. The Illinois Board of Higher Education received $20 million from the state's general revenue fund and is able to distribute it to schools that showed they were in fiscal crisis.”

Sie finden die Meldung hier.

Der Chronicle of Higher Education meldet den vorläufigen Stop der von der Bundesregierung für den 1. Dezember geplanten Anhebung der Einkommensgrenze, unterhalb derer Überstundenvergütungen gewährt werden müssten (von derzeit $23K pro Jahr auf dann $47K), und schreibt: „Since the rule was issued, many colleges have been scrambling to identify which employees would be newly eligible for overtime pay, and to plan institutional budgets around those changes.” Der Umfang der bereits erfolgten Anpassungen durch die Hochschulen sei allerdings genauso unklar wie die Bereitschaft, Anpassungen möglicherweise wieder zurück zu drehen. Die Anhebung sei nach der Wahl so oder so gefährdet. Es heißt: „The rule itself was already among many Obama-administration policies that had been cast into doubt by this month’s election of Donald J. Trump as president.”

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Die European Association for International Education (EAIE) wird sich in der kommenden Ausgabe ihres Magazins Forum mit Regionalismus als neuer Triebfeder von Hochschulentwicklung und seinem Wechselwirken mit Internationalisierung befassen. Unter anderem sollen unter der Überschrift „Beyond the Bologna Process/EHEA and Erasmus+” Prognosen für die Entwicklung der kommenden drei Jahre geboten werden. Leser sind ausdrücklich aufgefordert, ihre Standpunkte bis zum 15. Januar 2017 einzubringen.

Einsendungen von Beiträgen zwischen 800 und 1.200 Worten hier.