Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
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Die Themen dieser Woche:
- Jüngste Zahlen des Institute of International Education (IIE)
- Mehr öffentliche Mittel, weniger Regulierung: Die Lobby von „College, Inc.”
- Liste Bedrohter Colleges macht Furore und bleibt unter Verschluss
- Kurznachrichten
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Liebe Leserinnen und Leser,
in dieser Ausgabe befassen wir uns mit der jüngsten Ausgabe des „Open Doors Report on International Educational Exchange” und mit den Lobby-Bemühungen der Hochschullandschaft bei der Novellierung des Higher Education Act (HEA). Wir werfen zudem einen Blick auf das Drama um die Nicht-Veröffentlichung einer Liste mit der voraussichtlichen Lebenserwartung einzelner, in ökonomischen Stress-Situationen befindlicher Colleges und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.
Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.
Stefan Altevogt
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Jüngste Zahlen des Institute of International Education (IIE)
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In der vergangenen Woche hat das Institute of International Education (IIE) mit dem „2019 Open Doors Report on International Educational Exchange” die jüngsten Zahlen zur Internationalisierung US-amerikanischer Hochschulen herausgegeben und die begleitende Presseerklärung mit „Number of International Students in the United States Hits All-Time High” überschrieben. Die Zahl ist in der Tat beeindruckend: 1,095 Mio. internationale Studierende waren im akademischen Jahr 2018/19 an US-Hochschulen eingeschrieben und damit 0,05% mehr als im vergangenen Jahr. Zudem wird – wie bereits seit Jahren – der ökonomische Nutzen der internationalen Studierenden für die US-amerikanische Volkswirtschaft beziffert, in diesem Jahr mit $44,7 Mrd. Es heißt: „According to data from the U.S. Department of Commerce, international students contributed $44.7 billion to the U.S. economy in 2018, an increase of 5.5 percent from the previous year.”
Wenn man sich die Zahlen bzw. die Presseerklärung ein wenig genauer anschaut, dann fällt auf, dass es in allen drei relevanten Bereichen mehr oder weniger deutliche Rückgänge bei den Einschreibungszahlen gegeben hat: In Undergraduate Programmen ging die Zahl internationaler Studierender in den USA um 2,4% auf 431.930 zurück, in Graduate Programmen um 1,3% auf 377.943 und in „non-degree programs” um 5% auf 62.341. Rechnerisch fehlen einem dann gut 220.000 Internationale im System. Die sind zwar nicht mehr eingeschrieben, sondern befinden sich in einem dem Studium oft anschließenden „Optional Practical Training (OPT)”, das vom State Department als Qualifizierungsmaßnahme allerdings dem Studium zugerechnet wird. Beim OPT hat es einen Sprung gegeben, nämlich um fast 10% auf 223.085. Und für diesen Sprung gibt es einen herausragenden Grund: „Policy changes that allow STEM students to remain in the United States on Optional Practical Training opportunities for 36 months after the completion of their studies likely continues to drive the increase in students on OPT programs.” Vor der Änderung war das OPT auf ein Jahr begrenzt gewesen. Nun können sich STEM-Absolventen, und das sind fast die Hälfte aller Internationalen in den USA, drei Jahre in den USA aufhalten und arbeiten.
Sie finden die Presseerklärung
hier
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Dennoch sind die Zahlen internationaler Studierender in den USA beeindruckend und sie verdienen vor allem im Hinblick auf die Herkunftsländer eine genauere Betrachtung.
Nach wie vor ist China mit Abstand und mit einem Anteil von 33,7% das bedeutendste Herkunftsland, gefolgt von Indien (18,4%) und Südkorea (4,8%). Deutschland spielt als Herkunftsland internationaler Studierender in den USA mit 0,8% (Rang 17) eine sehr kleine Rolle. Es gab im vergangenen akademischen Jahr knapp 9.200 Studierende aus Deutschland in den USA und damit 8,5% weniger als im Jahr zuvor.
Beeindruckend sind auch die Zahlen der „Top Hosting Institutions”, also der Hochschulen, wo besonders viele und in der Regel volle Studiengebührensätze zahlende internationale Studierenden eingeschrieben sind. Hier steht nach wie vor die New York University (NYU) mit fast 20.000 Internationalen an der Spitze, gefolgt von der University of Southern California mit knapp 16.500 Internationalen, Northeastern University (16.000) und Columbia University (15.900). Selbst auf Rang 20 kann sich Cornell University noch über 7.200 internationale Studierende freuen. (Wenn man einem Taschenrechner Glauben schenken darf, dann summieren sich die pro Jahr an NYU eingehenden Studiengebühren internationaler Studierender auf rund $1 Mrd. oder, anders ausgedrückt, man isst an NYU mehr als 2% des gesamten, $44,7 Mrd. großen Kuchens.)
In Gegenrichtung, also aus den USA heraus, waren zuletzt 341.751 US-amerikanische Studierende unterwegs, die einen anrechenbaren Zeitraum ihres Studiums im Ausland verbrachten. Davon gingen 11,5% in das Vereinigte Königreich, 10,8% nach Italien, 9,5% nach Spanien, 5% nach Frankreich und nur 3,6% nach Deutschland. Die Zahlen lassen vermuten, dass nach wie vor akademische Qualität eine eher untergeordnete Rolle bei der Auswahl des Gastlandes spielt, untergeordnet zum Beispiel unter Vergleichbarkeit der Studiensysteme und Lebensqualität des Umfelds. Das Interesse US-amerikanischer Studierender an einem Aufenthalt in Deutschland ist auch nur leicht, nämlich um 2,7% zurückgegangen, in Gegenrichtung (siehe oben) waren es -8,5%; beides ist in Zeiten schwächer werdender transatlantischer Brücken sicherlich keine gute Nachricht.
Sie finden die Zahlen
hier
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Mehr öffentliche Mittel, weniger Regulierung: Die Lobby von „College, Inc
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Ein Beitrag in der New York Times wirbt für die Einschätzung der US-amerikanischen Hochschullandschaft als einem gewöhnlichen Wirtschaftszweig mit gewöhnlichen Interessen, die auf gewöhnliche Weise an Orten von Gesetzgebung und Regulierung durchzusetzen versucht würden. Es heißt vor dem Hintergrund der zurzeit laufenden Verhandlungen über eine Verlängerung des Higher Education Act (HEA), mit dem der Zufluss von Bundesmitteln an die Hochschulen geregelt wird: „Think of them [den Hochschulen des Landes] as College, Inc. Like most industries, higher education prefers less regulation (and accountability).”
Derzeit summierten sich die in verschiedenen, HEA-geregelten Bundesprogrammen an die Hochschulen fließenden Mittel (darunter auch Studiendarlehen) auf $120 Mrd. pro Jahr und seit Präsident Bush 2008 die derzeit gültige Version des HEA unterzeichnet habe, hätte sich die Verschuldung von Studierenden und Absolventen inflationsbereinigt um fast $950 Mrd. auf nun über $1,6 Bio. erhöht. Auf der anderen Seite dürfe sich das Ergebnis dieses enormen finanziellen Aufwands aber eigentlich so nicht sehen lassen: „Last year, 231 four-year colleges graduated less than 25 percent of their first-time-in-college, full-time students within eight years of enrollment. An additional 615 colleges reported rates below 50 percent.”
Dieses Missverhältnis schreie förmlich nach Regulierung, doch der Zugang zu Mitteln aus dem HEA werde in erster Linie durch die Akkreditierungsagenturen kontrolliert, die wiederum sehr wenig bis eigentlich gar kein Interesse daran hätten, die Latte hochsprungkonform aufzulegen. Es sei eher wie beim Limbo: „Currently, accreditors have no bottom-line standards for college graduation and job placement rates. When a Wall Street Journal reporter asked if a college with a 10 percent graduation rate could do a good job, Belle Wheelan, the president of one major accreditor, said, ‘It can be a good school for those 10 percent who graduate.’ Ms. Wheelan’s group also accredits colleges with even lower graduation rates, like for-profit South University Online (2 percent).”
Vor diesem Hintergrund erscheine es selbstverständlich, dass bei den Verhandlungen für die anstehende Neufassung des HEA eine Anhebung von Mindeststandards für Leistungen der Hochschulen diskutiert würden. Doch solle man sich nicht zu viel erwarten, denn: „The college lobby has an ally in the Trump administration and its secretary of education, Betsy DeVos, who recently moved to weaken the authority of accreditors to oversee colleges, on the theory that students would benefit from more free market competition.”
Sie finden den Beitrag
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Liste bedrohter Colleges macht Furore und bleibt unter Verschluss
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Inside Higher Education berichtet von den nun erst einmal begrabenen Plänen einer Firma zur Beratung von Unternehmensgründungen mit verheißungsvollem Namen „Edmit”, auf ihrer Webseite die voraussichtliche Lebenserwartung von fast 1.000 privat finanzierten Colleges der USA nachschlagbar zu machen. Einige der Hochschulen, die angeblich kurz vor dem Ruin ständen, seien mit anwaltlichen Schreiben gegen die geplante Veröffentlichung vorgegangen, Schreiben mit Wortlauten wie: „The publication of such a statement would be grossly irresponsible and would cause great harm to the college, and demand is hereby made that you refrain from such publication.”
Der Beitrag bedauert auf der einen Seite, dass eine derartige Informationsquelle dann doch nicht zur Verfügung gestellt worden sei, denn eine für Studierende und ihre Familien unerwartete Schließung von Hochschulen würde zu vermeidbaren Schäden führen. Auf der anderen Seite müsse man aber sehr vorsichtig jedweder prognostischen Methodik sein, um keine falschen Todesnachrichten zu produzieren, die sich im Anschluss möglicherweise dann auch bewahrheiteten. Die Beurteilung der Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen der Hochschulen beruhe bei Edmit – ähnlich wie bei Moody’s Investors Services – auf den üblichen Parametern von Studiengebühren, notwendigen Rabatten auf Studiengebühren zur Füllung der Klassen, Gehältern und Erträgen des Stiftungsvermögens.
Einen Blick durch diese Brille habe man letztendlich bei Edmit künftigen Studierenden und ihren Eltern gegen den anwaltlich bewehrten Widerstand der Hochschulen nicht gestatten wollen und die Fachmedien hätten sich dieser (hoffentlich vorübergehenden) Haltung notgedrungen angeschlossen. Es heißt: „In the end, Inside Higher Ed could not publish its news article about Edmit’s scuttled projections. Information about the model and its forecasts have made the rounds between private nonprofit colleges. But anything like those forecasts remains out of the hands of students and families. These are indeed tough conversations. Yet for now the industry would prefer to keep those discussions private.”
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Für den Chronicle of Higher Education ist die von den Hochschulen erwirkte Nicht-Veröffentlichung der „Doomsday List of Possible College Closures” die eigentliche Nachricht und sie ist schlecht: „The episode set off renewed discussion about the limited information that many students and families possess about the precarious finances of some of the nation’s colleges, hundreds of which have closed in recent years, upending students’ lives.” Laut Analyse des Chronicle hätten die mehr als 1.200 Schließungen der vergangenen fünf Jahre zu fast 90% den gewinnorientierten Bereich der Landschaft betroffen, doch in allen Bereichen sollte es eigentlich möglich sein, Gefahren für den Fortbestand einer Hochschule im Vorfeld erkennen zu können. Dagegen wehrten sich die Hochschulen und ihre Verbände allerdings bislang noch erfolgreich. In den Worten von Amy Laitinen, der Direktorin für Hochschulpolitik am Think Tank New America: „This is a classic thing the higher-ed lobby does: The data aren’t perfect, so let’s not do anything. And then they lobby against the data being better.”
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Sie finden eine Übersicht der Hochschulschließungen zwischen 2014 und 2018
hier.
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Die New York Times meldet, dass eine Oberschule in Ohio alle ihre Schülerinnen und Schüler auf Mißbrauch von Rauschdrogen testen wolle und gibt die folgende Zahl an: „A Centers for Disease Control and Prevention study from 2016 said more than 37 percent of school districts had adopted a drug-testing policy. There seems to be an increase in similar programs across the country.”
Sie finden die Meldung
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Die University of Guelph meldet den für Anfang kommenden Jahres geplanten Start eines berufsbezogenen Ausbildungsprogramms mit Namen „Guelph Arts Apprenticeship Program (GAAP)”. Es heißt:
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GAAP is a partnership among the University, the City of Guelph, local businesses and donor Alan Rottenberg. He will provide a career-building incentive for 10 grads initially by funding salaries for the first four months of their one-year apprenticeships.”
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In einem Beitrag beschreibt Steve Mintz, Berater des Präsidenten des Hunter College der City University of New York, auf Inside Higher Education die acht Maßnahmen, mit denen Hochschulen den Studienerfolg ihrer Studierenden verbessern könnten. Darunter findet sich auch die Konzentration auf den ersten Eindruck den Studierende von der Hochschule gewinnen würden, das erste Studienjahr, in dem die entscheidenden Weichen gestellt würden, pro-aktive Studienberatung und studienbegleitend von der Hochschule angebotene Karriereplanung. Zudem sei auch eine außer-akademische Begleitung von Studierenden wichtig, denn: „Most students drop out not for academic reasons, but because of life challenges. To help students meet these challenges, successful campuses offer emergency financial aid and assistance with housing, transportation, food, and childcare.”
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Technology Accreditation Canada (TAC) meldet die Übernahme des Canadian Council of Technicians and Technologists (CCTT) zur Schaffung einer unangefochtenen Akkreditierungsagentur für technisch orientierte Studiengänge in Kanada und zitiert den Leiter von TAC mit den Worten: „This development creates a unique opportunity for TAC to partner with more institutions to support the delivery of the highest quality education to their students, which meets the standards of the engineering technology and applied science profession.”
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Globe and Mail befasst sich mit der Empfehlung einiger kanadischer Hochschulen an ihre derzeit in Hong Kong befindlichen Studierenden, wegen der Unruhen dort die Heimreise anzutreten. Es heißt: „McGill University, the University of British Columbia, the University of Calgary, and the University of Victoria are among the institutions that have directly contacted students to discuss their options. In communications with the Globe and Mail, a spokesperson for Global Affairs Canada did not comment on whether the ministry has advised universities to recall their students.”
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Tel:
(212) 758-3223
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Bonn (Deutschland), eingetragen beim Amtsgericht Bonn, Registergericht VR 2105
Redaktion:
Benedikt Brisch, Stefan Altevogt, Casey Detrow
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Rainer Sturm/pixelio.de
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