Ausgabe ___ | March 29 2017
6. August 2018
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Themen dieser Woche:

  • Veränderungen in der Hochschullandschaft Kaliforniens
  • Karriereverläufe: Wer sollte Buch führen?
  • Diskriminierung an US-Hochschulen
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns mit zwei Beiträgen zur Veränderung der Hochschullandschaft in Kalifornien und mit der Frage, wo die Last der Buchhaltung zu Karriereverläufen angesiedelt werden sollte. Wir werfen zudem einen Blick auf Beiträge zum Problem von Diskriminierung an US-Hochschulen und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche. 

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.

Stefan Altevogt
Veränderungen in der Hochschullandschaft Kaliforniens
Der Chronicle of Higher Education befasste sich in der vergangenen Woche mit der jüngsten Erweiterung der kalifornischen Hochschullandschaft, einem ausschließlich online betriebenen Community College, und schreibt: „If the online college enrolls even a fraction of its target audience, it would be the largest provider of distance education in the nation.”
Governor Jerry Brown reagiere mit der Einrichtung der Fernhochschule auf die Tatsache, dass in dem mittlerweile fast 40 Mio. Einwohner zählenden Bundesstaat ein riesiges Potenzial an unter- oder gar unbeschäftigten Menschen zu finden sei, die zur volleren Entfaltung am Arbeitsmarkt weitere Qualifikationen benötigten, Qualifikationen, wie sie auch – so die Hoffnung – in einem Fernstudiengang vermittelt werden könnten. Zur Dimension des Potenzials heißt es: „There are 2.5 million Californians without a postsecondary degree or credential between the ages of 25 and 34 alone.”

Ja, es gäbe auch Skeptiker, deren wichtigstes Argument sei, dass das neue College keine regulären Studienabschlüsse, sondern „nur certificates und credentials” anbieten würde, also Nachweise des Erwerbs eng umrissener Fähigkeiten und der Arbeitsmarkt regelmäßig noch „degrees” verlange. Zudem sei die Vermittlungsform des „Distance Learning” gerade der weniger geeignete Weg, um bildungsfernere Teile der Bevölkerung in Hochschulbildung und damit auch in höhere Einkommenssphären einzubinden. Es heißt: „Digital learning promises convenience, but will harried parents and overburdened breadwinners be any more likely to log onto a computer than set foot in a classroom? If they do register for an online course, will they flourish? After all, studies consistently show that students – low-income and first-generation students most especially – do better in face-to-face or hybrid courses.”

Sie finden den Beitrag hier.

In einem anderen Beitrag hatte der Chronicle of Higher Education bereits im April die Frage diskutiert, ob der 1960 in Kalifornien eingeführte und seither weltweit oft kopierte aber wohl nur selten erreichte „Master Plan for Higher Education in California 1960 – 1975” nicht einer grundlegenden Überholung bedürfe, um auch weiterhin zukunftsfähig zu bleiben. Es heißt: „To be clear, the master plan remains the governing document for higher education in the state. But (...) there has been a hollowing out of much of its promise, as the plan has aged and as economic and political forces have taken their toll. In a sense it is emblematic of American higher education as a whole, long the pacesetter but now scrambling to keep up with current demands. It is a cautionary tale about the wages of success.”

Der Preis des Erfolgs, als die wohl weltweit erste wirtschaftlich bedeutende Region ihrer gesamten akademisch geeigneten Bevölkerung Zugang zu einem der drei öffentlich finanzierten Hochschulsysteme (University of California für die besten 12,5%, California State University für die Top 30% und California Community Colleges für den Rest) garantiert zu haben, war für Kalifornien nicht zuletzt dank geringer gewordenem finanziellem Engagement der Verlust dieser Errungenschaft: „It also was the first to lose universal access.”

In den vergangenen Dekaden qualifizierten sich auf der einen Seite zunehmend größere Kohorten von Oberschulabsolventen für die öffentlichen Hochschulsysteme, so dass schließlich auch die Community Colleges Bewerber hätten ablehnen müssen. Auf der anderen Seite fiel der Bildungserfolg bei den an Bedeutung stark gewachsenen Hispanics immer weiter hinter die Möglichkeiten zurück. Es heißt: „Just 12 percent of Hispanic adults have bachelor’s degrees, compared with 42 percent of white Californians and 51 percent of Asian descent. By the end of the next decade, warns the Public Policy Institute of California, the state will be short an estimated 1.1 million college graduates to meet its economic needs.”

Der Karriereknick der öffentlich finanzierten Hochschullandschaft Kaliforniens sei allerdings bereits 1978 mit der „Proposition 13” unter Governor Ronald Reagan angelegt worden. In einer Abstimmung entschieden sich seinerzeit die Einwohner Kaliforniens mehrheitlich indirekt gegen die Finanzierung von Bildung aus öffentlichen Mitteln, weil man direkt für eine strikte Begrenzung von Grundsteuern eintrat, aus denen freilich Bildungseinrichtungen und – von den Hochschulen – die Community Colleges finanziert werden. Die Folge: „In the wake of the referendum, California’s per-pupil spending fell from well above average to 42nd in the nation.” Das habe dann auch auf die anderen beiden Zweige der Hochschullandschaft durchgeschlagen. Vor der „Prop 13” habe das öffentliche Engagement pro Studierendem an der University of California inflationsbereinigt $23.000 pro Jahr betragen, heute seien es nur noch $8.000.

Das System der Community Colleges, das im Master Plan auf eine „Versorgung” von gut 55% der Oberschulabsolventen mit Hochschulbildung ausgelegt sei, aber in der Tat derzeit knapp 65% versorge, müsse mit noch deutlich geringeren Mitteln auskommen, nämlich etwa mit der Hälfte desssen, was pro Studierendem an der University of California ausgegeben werde. Entsprechend seien in Zeiten knapper Kassen im Haushalt des Bundesstaats auch immer wieder die Kapazitäten des Community College Systems eingeschränkt worden: „Since Prop 13’s passage, two-year institutions have repeatedly slashed enrollments during budgetary shortfalls: by 250,000 in the early 1980s, 170,000 a decade later, another 150,000 when the dot-com bubble burst. During the recession that began in 2008, students often had to spend a semester or more on waiting lists for core courses. (The Cal State system has followed a similar pattern.)”

Man habe offensichlich vergessen, dass selbst der beste Master Plan gelegentlich an sich verändernde Bedingungen angepasst werden müsse, obgleich im Titel das Verfallsdatum mit „1975” bereits angekündigt war, drei Jahre vor der „Prop 13”.

Sie finden diesen Beitrag hier.

Sie finden den Master Plan hier.

Karriereverläufe: Wer sollte Buch führen?
In einigen, berufsbezogenen Studiengängen, wie etwa Betriebswirtschaftlehre oder Jura, führen die anbietenden Schulen recht genau Buch über die Werdegänge der Absolventen, denn wesentliche Kennzahlen dieser Werdegänge, wie etwa Zeit zwischen Abschluss und erster Anstellung und Einkommensniveau bei dieser ersten Anstellung, sind zum einen zentrale Verkaufsargumente für die Studiengänge, zum anderen sehr hilfreich bei der Finanzierung des Studiums per Kredit.

In anderen Bereichen der Hochschullandschaft, so ein Beitrag des Chronicle of Higher Education, und hier vor allem in geisteswissenschaftlichen Fächern, würden Hochschulen Statistiken zu Karriereverläufen nicht führen. Vielleicht, weil sie nicht könnten. Wahrscheinlicher sei allerdings, dass sie nicht wollten, denn die Hochschulen produzierten bereits seit geraumer Zeit deutlich mehr geisteswissenschaftliche PhDs als Professoren-Stellen im System frei würden und – trotz eines allmählichen Meinungsumschwungs in den vergangenen Jahren – es gelte weiterhin die Regel: „Not landing a tenure-track job is still viewed in some circles as a failure for both student and program.”

Die American Historical Association (AHA) habe jetzt Zahlen einer Untersuchung der Karrieren von 8.500 zwischen 2004 und 2013 promovierten Historikern vorgelegt, die der Vermutung widersprächen, dass eine weit überwiegende Mehrheit Beschäftigung außerhalb von Academia finden müssten, oder zumindestens außerhalb der verlässlichen Karriereperspektiven eines Tenure Tracks. Mit gut 4.000 der 8.500 waren mehr als 47% der zwischen 2004 und 2013 promovierten Historiker auf Tenure Track. Selbst außerhalb von Academia gehörten Karrieren von Historikern in der Regel nicht in den Bereich, über den man eigentlich nicht sprechen sollte. Ja, es gäbe zwar Wasser auf die Mühlen der Kritiker, also einzelne Fälle von Tätigkeiten, für die streng genommen kein wissenschaftlicher Abschluss in Geschichte notwendig sei, doch den vergleichsweise wenigen „rental-car clerks, maintenance workers, actors and postal workers” stünden gegenüber: „174 chief executives, 363 higher-education administrators, 320 nonprofessors doing history, 57 curators, and 82 editors. The point: History Ph.D.s don’t just stay in academe. They are everywhere.”

Was die AHA für ihren Bereich mit den Zahlen geleistet habe, sei allerdings sehr aufwändig und womöglich an den Hochschulen nicht so einfach umzusetzen. Die AHA schätze den Aufwand pro Person auf etwa 10 Minuten und es heißt weiter: „That’s without counting the time it takes to clean up the data and make it presentable. For a university with thousands of graduate students, that would be a huge investment.”

In dem vergleichsweise deutlich größeren Fach der Psychologie stieße der entsprechende Verband, die American Psychological Association (APA), auf weitaus höhere Hürden. Eine vor kurzem eingestellte Umfrage unter Absolventen sei nur auf unzufriedenstellende Resonanz gestoßen, die Zusammenarbeit mit den Hochschulen bei der Erhebung der Daten gestalte sich schwierig und es fehle aller Orten an einer Standardisierung für derartige Daten und deren Erhebung. Es heißt: „The APA faces the same challenge that so many disciplines do: a lack of quality and uniform data collection in graduate education.”

Dabei wäre der Nutzen solcher Daten für die Hochschulen auch über die Transparenz gegenüber (angehenden) Studierenden hinaus wichtig, denn man könne ggf. die Lehrpläne entsprechend den erwartbaren Karrieren anpassen. Noch gäbe es an Hochschulen eine gewisse kulturelle Trägheit, die dazu führe, bevorzugt die Karrieren im Auge zu behalten, die auf die vergleichsweise wenigen Lehrstühle des jeweiligen Faches führten. Dieser Blick gehe aber zunehmend an der Realität vorbei, wie die Zahlen der AHA zeigten: „About three in five of the 8,500 history Ph.D. recipients in the association’s study are faculty members, the data show. About three-quarters of them are on the tenure track, and only about half are at research universities. The rest are on the tenure track at bachelor’s, master’s, and associate institutions, or off the tenure track.”

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Diskriminierung an US-Hochschulen
Ein laufendes Gerichtsverfahren gegen Harvard University, so ein Beitrag auf Inside Higher Education, habe derzeitig das Bewusstsein für die Diskriminierung von Minderheiten mit asiatischem Hintergrund an US-Hochschulen geschärft. Das soeben bei Duke University Press veröffentlichte Buch „Straight A’s: Asian American College Students in Their Own Words” von Christine Yano und Neal Akatsuka, das auf der Auswertung von zahlreichen Interviews mit asiatischen Studierenden an US-Hochschulen beruhe, werfe daher zu einem sehr günstigen Zeitpunkt einen Blick auf die grassierenden Vorurteile, dass nämlich allen Asiaten das Lernen leichter falle und zum anderen der Druck zur akademischen Exzellenz seitens asiatischer Familien außerordentlich hoch sei.

In einem Email-Interview verwirft Christine Yano das erste Vorurteil und schreibt: „Some of them cringed to recognize themselves in the stereotype; others of them defiantly distanced themselves from the stereotype.” Hinsichtlich des zweiten Vorurteils deute der Titel des Buches allerdings an, dass in der Tat der Druck groß sei, nicht nur sehr gute Noten zu erbringen, sondern diese auch in den richtigen, den „straighten” Fächern zu erzielen, also zum Beispiel Medizin statt Psychologie, selbst wenn beides an Harvard studiert werde. Es heißt: „The pressure to be perfect – or at least to adopt the veneer of perfection – was and is real. This is one of the reasons why the chapter on mental health was so near and dear to members of the Asian American collective (students who put the book together).”
 
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Ein anderer Beitrag befasst sich auf Inside Higher Education mit dem Problem der Wertigkeit verschiedener Diskriminierungen. Anlass des Beitrags ist die Klage der „Business Leaders in Christ”, einer christlichen Studierendenorganisation, gegen die University of Iowa, die nach Ansicht der Klägerin andere Interessensgruppen, etwa die der Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer or Questioning (LGBTQ), bevorzuge. Die Hochschule habe nun zur Verringerung ihrer Angriffsfläche mehr als 30 Studierendenorganisationen die offizielle Anerkennung entzogen, weil sich deren Satzungen nicht vollständig in Übereinstimmung mit den Vorstellungen der Hochschule von Diskriminierungsfreiheit deckten. Damit wolle man dem zentralen Argument der Klage den Wind aus den Segeln nehmen, dass die Hochschule ohne triftigen Grund den Business Leaders in Christ die Anerkennung entzogen habe, nämlich „for the group for barring a gay member from assuming a leadership role.”

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Die New York Times meldet unterdessen eine Episode am renommierten Smith College, dem größten der auch als „Seven Sisters” bekannten Colleges in der Gegend um Northhapmpton in Massachusetts. Dort war eine Studierende während ihrer Lunchpause auf dem Campus den Sicherheitskräften als verdächtig gemeldet worden und es habe sich rasch herausgestellt, dass allein ihre Hautfarbe den Verdacht ausgelöst hatte. Es heißt: „The encounter was the latest example of a black person encountering unwarranted police scrutiny in recent months. The list already included napping in a dorm lounge, shopping for clothes, leaving an Airbnb, golfing and sitting in a Starbucks.”

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Kurznachrichten
Unter „Greek Life” versteht man an US-amerikanischen Hochschulen Aktivitäten von und in Studierendenverbindungen (Fraternities und Sororities). Die Rubrik „Greek Life” des Chronicle of Higher Education befasst sich in jüngster Zeit fast ausschließlich nur noch mit den zahlreichen negativen Schlagzeilen (nicht selten Todesfällen) infolge ritualisierten Alkoholmissbrauchs. Der Beitrag spricht von einer „small, but growing, cohort of college presidents who say they are tired of worrying every weekend that a student is going to die at a fraternity event.” Sie befürchteten, dass „Greek Life” an US-Hochschulen ein Ende finden könne, würden die Probleme nicht rasch gelöst.
 
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Der ehemalige Kanzler der City University of New York (CUNY), James B. Milliken, wird einer Meldung auf Inside Higher Education zufolge neuer Kanzler des University of Texas Systems, das mit mehr als 200.000 Studierenden, einem Stiftungsvermögen von über $25 Mrd. und seinem international renommierten Flaggschiffcampus in Austin zu den bedeutendsten öffentlichen Hochschulsystemen der USA gehört. Die Entscheidung für Milliken sei wohl etwas überraschend gekommen. Es heißt: „Milliken’s name had not been among those most speculated about for the position. That list included Margaret Spellings, who leads the University of North Carolina system, and Rex Tillerson, who was President Trump’s first secretary of state.”

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Das Edmonton Journal meldet den Rücktritt von Jonathan Schaeffer von seiner Position als Dean of Science an der University of Alberta in Edmonton aus Protest gegen die Politik der Hochschulleitung und schreibt: „Schaeffer’s daparture is the latest move at the university with other members of the Office of the Provost moving on to other positions outside of the province.“ 
 
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Ein Beitrag auf Campus Technology befasst sich mit den Ergebnissen einer Meinungserhebung zur Frage, wie weit man die Studierendenbetreuung auch Computerprogrammen überlassen könne. Es heißt: „While 44 percent of college students would like their coaching to be one-on-one in person, (…) more collectively would prefer other modes, including e-mailing (18 percent), online via video conference or texting (both at 11 percent), via personalized college app (10 percent) and by social media (6 percent). (...) Even though 74 percent of college students ranked the academic adviser at the top of the list for help making college decisions and 70 percent of college students said that the optimal frequency for meeting with an academic adviser was at least once a month or more often, just 48 percent have done so in the last month. Nearly a quarter of respondents (24 percent) have not met up with a coach for been six months or longer, and 3 percent said they've never done so.”

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