Liebe Leser:innen,
Diese Ausgabe von „Im Blickpunkt" beleuchtet mehrere Kernprojekte der regulatorischen Agenda der Biden-Administration. Während US-Präsident Bidens Klima- und Energiepolitik oft für seine breiten Steueranreize, großzügig finanzierte Darlehen und Technologieneutralität bekannt ist, ergibt sich bei einem Blick auf die Regulatorik ein anderes Bild. Exemplarisch werden im Folgenden einige Regeln und Regelvorschläge vorgestellt. Es wird deutlich, dass auch in den USA die Bürokratie nicht zu kurz kommt.
Wie immer freuen wir uns über Ihr Feedback und Ihre Anregungen.
Beste Grüße
Ihr Washington News Team
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Nicht nur Anreize: Bidens regulatorische Agenda in der Energie- und Klimapolitik
Patrick McCown, RGIT
Februar 2024
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Hintergrund: Bidens politische Ziele und die Regulatorik
In der Energie- und Klimapolitik ist es ausgesprochenes Ziel der Biden-Administration, bis 2030 die Emissionen der USA um 50 bis 52% unter das Niveau von 2005 zu reduzieren. Die Anreizprogramme der Administration sind mit der Debatte um internationale Wettbewerbsfähigkeit auch der deutschen Wirtschaft ein Name: Bipartisan Infrastructure Law, Inflation Reduction Act, CHIPS & Science Act. Zuckerbrot gibt es in den USA derzeit viel, doch wie steht es um die „Peitsche“? Auch die gibt es in Form von einer breit aufgestellten regulatorischen Agenda bei der US-Umweltschutzbehörde (EPA), dem US-Energieministerium (DOE), der US-Börsenaufsichtsbehörde (SEC), oder dem US-Amt für Verwaltung und Haushaltswesen (OMB).
OMB/OIRA: Reform der Regulierungsfolgenabschätzung Circular A-4
Circular A-4 ist das „Handbuch“ des Office of Information and Regulatory Affairs (OIRA) für US-Bundesbehörden, wenn diese Kosten-Nutzen-Analysen für Regelvorschläge und finale Regulierungen durchführen müssen. Die Reform ist das Ergebnis eines Tag-1- Memorandums von Präsident Biden und einer Exekutivanordnung, mit der das OIRA und das Office of Management and Budget (OMB) angewiesen wurden, eine überarbeitete Version des „Circular A-4“ zu erstellen. Es ist die erste Überarbeitung seit 20 Jahren. Das OMB erklärt, die Überarbeitung sei notwendig gewesen, um die Qualität der Analysen zur Regulierungsfolgenabschätzung zu verbessern und neuen Entwicklungen bei der Messung nicht-monetärer Auswirkungen Rechnung zu tragen. Bei US-Wirtschaftsverbänden stieß der Reformvorschlag bereits im Juni 2023 auf Skepsis. Neben Circular A-4 wurde auch Circular A-94 überarbeitet, welche die Diskontierungsraten von langfristigen Auswirkungen festsetzt.
Die aktualisierte Regel weist die US-Bundesbehörden unter anderem an, bei Kosten-Nutzen-Analysen von Regularien und Verordnungen dem Mehrwert von nicht-monetären Effekten mehr Rechnung zu tragen, zum Beispiel bei Verbesserungen für würdige Lebensbedingungen, für das Klima und die Umwelt. Eine maßgebliche Änderung ist, dass erstmals internationale Auswirkungen von Regulierungen in manchen Fällen mit einbezogen werden können, auch solche auf Nicht-US-Bürger im Ausland.
Um langfristige, zukünftige Auswirkungen von Regulierungen zu messen, nutzen die USA seit 2003 eine Diskontierungsrate von 3%. Die neue Version von Circular A-4 sieht eine Rate von 2% vor, basierend auf Berechnungen mit aktualisierten Zahlen und einem anderen Inflationsindex. Ferner wird die Rate, statt statisch zu bleiben, fortan alle 3 Jahre aktualisiert. Langzeitrisiken wurden in der Version von 2003 mit 7% diskontiert, während die neue Regulierung eine Individualbewertung vorsieht, bei der zum Beispiel Regulierungen von neuen und kritischen Technologiesektoren von höheren Diskontierungsraten ausgenommen werden können. Um Bundesbehörden zu animieren, vermehrt Verteilungseffekte von Regulierungen zu analysieren, wurden die Richtlinien hierzu ausgeweitet. Die neue Richtlinie enthält auch eine Methodologie zur quantitativen Messung von Verteilungseffekten auf die Lebensqualität verschiedener Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel wie viel Mehrwert ein Dollar für einkommensschwache, im Vergleich zu besserverdienenden Bürgern hat.
SEC: Klimaoffenlegungspflichten (Regelvorschlag)
Einer der am längsten währenden regulatorischen Verfahren der Biden-Administration ist ein Regelvorschlag der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC (Securities and Exchange Commission) zur Offenlegung von Treibhausgasemissionen bei Unternehmen. Der Vorschlag unter dem Titel The Enhancement and Standardization of Climate-Related Disclosures for Investors würde börsennotierte Unternehmen verpflichten, ihre Scope-1- und -2-Emissionen offenzulegen. Ferner müssten Scope-3-Emissionen von Unternehmen offengelegt werden, für die selbige als „materiell“ wichtig gelten. Auch Unternehmen deren Emissionsziele Scope-3 beinhalten wären den Offenlegungspflichten unterworfen. Die Frage, ab wann Emissionen „materiell“ für ein Unternehmen sind, ist der größte Streitpunkt bei dem Regelvorschlag. Die Einführung einer „doppelte[n] Materialität“ wie in der EU hat die SEC wiederholt abgelehnt. Ferner müssten an die SEC weitere identifizierte Klimarisiken, Dekarbonisierungspläne (falls vorhanden) und Governance- und Managementstrategien zum Klimaschutz berichtet werden. Betroffen wären SEC-registrierte Entitäten, nicht die gesamte Wirtschaft. Als Scope-1-Emissionen bezeichnet man die direkten Emissionen einer Organisation. Scope-2-Emissionen beinhalten zusätzlich den Energieverbrauch. Scope-3-Emissionen schließen alle Upstream- und Downstream-Emissionen in Lieferketten ein.
Die SEC gilt vielen international als der Vorreiter für Finanzregulierung, allerdings haben die jüngsten Vorstöße aus Brüssel und Kalifornien den Druck auf die Administration erhöht, das Regelverfahren abzuschließen. Die SEC, deren prinzipieller Fokus auf Investorenabsicherung liegt, sieht sich vermehrt genötigt, international abgestimmte Offenlegungspflichten umzusetzen, während unklar bleibt, ob sie überhaupt rechtmäßig breite Klimaoffenlegungspflichten einfordern darf.
Ähnliche Bedenken über die Befugnis zur Regulierung von Kohlenstoffdioxid und Gewässern durch die US-Umweltschutzbehörde EPA hatten in den letzten zwei Jahren vermehrt zu Klagen beim Obersten Gerichtshof geführt. Konservative Politiker drohten der SEC mit ähnlichen Klagen, sollten sie strenge Offenlegungspflichten in der vorgeschlagenen Form durchsetzen. Die Senatoren Manchin (D-WV) und Hagerty (R-TN) riefen die SEC in einem Brief dazu auf, Scope-3-Emissionen aus dem Regelvorschlag zu streichen. 25 demokratische Senatoren und Repräsentanten drängten hingegen auf umfassende Scope-3-Offenlegungspflichten, denn nur dies könne größtmögliche Transparenz für Investoren gewährleisten. Republikanische Abgeordnete kritisieren die Umsetzbarkeit von Scope-3-Messungen hingegen und werfen der SEC vor, Instrument einer linken politischen Agenda zu sein.
Die US Chamber of Commerce kritisierte den Regelvorschlag ebenfalls. Auch aus der SEC selbst ertönt Kritik und SEC-Vorsitzender Garry Gensler zeigte sich offen für substanzielle Änderungen. Zuletzt kündigte die SEC an, die Regel erst im April 2024 fertigzustellen.
Kalifornien: Senate Bill No. 253 and 261 (in Kraft)
Das kalifornische Gesetz (Climate Corporate Data Accountability Act) zur Offenlegung von Emissionen umfasst ebenfalls Scope-3-Emissionen. Anders als der SEC-Regelvorschlag, der einige börsennotierte Unternehmen beträfe, betrifft Kaliforniens Version öffentliche und private Unternehmen. Unternehmen, die in Kalifornien tätig sind und einen Jahresumsatz von mehr als eine Milliarde US-Dollar haben, müssen über ihre Emissionen berichten. Es wird erwartet, dass etwa 5.400 Unternehmen in Kalifornien direkt von der neuen Regelung betroffen sein werden. Gouverneur Gavin Newsom unterzeichnete auch ein zweites Gesetz zur Offenlegung klimabezogener finanzieller Risiken. Die kalifornische Handelskammer kritisierte, die Gesetzentwürfe benachteiligten kalifornische Unternehmen gegenüber außerstaatlichen Konkurrenten und verursachten zusätzliche Belastungen und Kosten. Es bleibt unklar, ob eine Regelung auf Bundesebene die kalifornische Regelung brechen würde, oder ob der Einzelstaat mehr Offenlegungen als die Bundesbehörden fordern dürfte. Letzteres würde zu einer Mehrbelastung für Unternehmen führen, die sich mit zwei Systemen konfrontiert sähen.
EPA: Treibhausgasemissionsstandards und -richtlinien für fossil-betriebene Kraftwerke (Regelvorschlag)
Seit 2009 ist es der US-Umweltschutzbehörde EPA (Environmental Protection Agency) erlaubt, Kohlenstoffdioxidemissionen unter dem Statut des Clean Air Act, einem zentralen Umweltschutzgesetz, zu regulieren. Die EPA reguliert dabei sowohl existierende wie neue stationäre Quellen, zum Beispiel Kraftwerke. Diese Regulierung muss auf Basis des best system of emissions reductions (BSER) erfolgen, welches erfordert, dass solche Technologien ausreichend demonstriert sind. Eine Überarbeitung der Emissionsstandards unter der Obama-Administration wurde 2016 aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken vom Obersten Gerichtshof ausgesetzt, bis das Gericht im Urteil West Virginia v. EPA 2022 entschied, dass die Möglichkeit von fossilen zu erneuerbaren Technologien zur Energieerzeugung zu wechseln, allein kein BSER darstellt. Nun sieht der neue Regelvorschlag der Biden Administration stattdessen kraftwerksspezifische Regelungen vor, statt eines systemweiten Ansatzes. 25% aller CO2-Emissionen der USA stammen aus dem Stromsektor.
Der Regelvorschlag schreibt Kraftwerken maximale Emissionswerte vor, basierend auf drei verfügbaren Emissionsreduktionstechnologien: (1) Kohlenstoffabscheidung und -nutzung (CCS), (2) Mischfeuerung von Kohlekraftwerken mit Erdgas und (3) Mischfeuerung von Gaskraftwerken mit sauberem Wasserstoff. Langfristig am Netz verbleibenden Kohlekraftwerken würden die strengsten Werte vorgegeben. Sie sollen 90% Emissionsreduzierungen bis 2030 erreichen, außer Betreiber stimmen verbindlich zu, bis 2040 vom Netz zu gehen. Jene Kraftwerke, die nach 2031 noch am Netz bleiben, aber bis 2040 schließen, müssten ihre Emissionen so weit reduzieren, wie es eine 40%-Mischfeuerung mit Erdgas hervorbringen würde. Laut EPA resultiere dabei eine Emissionsminderung von circa 16%.
Bei Gaskraftwerken würde zwischen Neubauten und Bestandskraftwerken unterschieden. Neue Gaskraftwerke, die durchschnittlich über 50% Kapazität laufen (baseload plants) müssten 90% ihrer Emissionen bis 2035 reduzieren oder alternativ bis 2032 zu einer 30% (nach Volumen) Wasserstoff-Mischfeuerung übergehen. Die Mischfeuerung müsste sukzessiv auf 96% bis 2038 ausgeweitet werden. Dieselbe Regelung gälte für Bestandsgaskraftwerke mit über 300MW Kapazität. Bestehende kleinere Gaskraftwerke (unter 300MW Kapazität) wären in der aktuellen Fassung der Novelle ausgenommen. Neue Gaskraftwerke mit durchschnittlicher Auslastung zwischen 20% und 50% müssten ihre Emissionen bis 2032 so weit reduzieren, wie es eine 30%-Mischfeuerung mit sauberem Wasserstoff würde. Sie wären dabei von den verschärften Werten ab 2035 bzw. 2038 wie sie für Kraftwerke mit >50% Auslastung gälten ausgenommen.
Die EPA prognostiziert, basierend auf der sinkenden Rentabilität von Kohlekraftwerken in den USA und der Steuergutschriften und Fördergelder des Inflation Reduction Act (IRA) für CCS und Wasserstoff, dass Emissionen von Kraftwerken auch ohne die neuen Standards bis 2030 um 60% unter das Niveau von 2005 fallen werden, bis 2040 sogar um 80%. Die Biden-Administration sieht die verschärften Emissionsstandards dabei als Instrument zur Beschleunigung der Entwicklung und als Ordnungsrahmen für Rechtssicherheit. Die EPA schätzt die zusätzlichen Emissionsvermeidungen des Regelvorschlags auf 800 Mio. bis 1 Milliarden Tonnen CO2. Umweltschutzverbände kritisieren, dass die zusätzlichen Reduzierungen des Regelvorschlags (weniger als in einem Jahr von Kraftwerken ausgestoßen wird) zu gering seien. Auch die Ausnahme von bestehenden Gaskraftwerken unter 300MW Kapazität traf auf starke Kritik, da 70% der US-Gaskraftwerke Kapazitäten zwischen 25MW und 250MW haben. Die US Chamber of Commerce kommt in einer eigenen Studie zu dem Ergebnis, dass die Schätzungen der EPA zu Emissionsreduzierungen abseits des Regelvorschlags unrealistisch hoch seien. Die EPA habe den steigenden Strombedarf durch die fortschreitende Elektrifizierung unterschätzt und das Tempo des Hochlaufs von CCS-Technologien überschätzt.
Kritik am Regelvorschlag katalysiert sich vor allem an seinen potenziellen Auswirkungen auf die Reliabilität des Stromnetzes. Die US-Stromnetze verfügen über nicht ausreichende Fern- und Übertragungsnetze. Unter anderem in diesem Bereich herrscht in der US-Energiepolitik eine lebhafte Debatte um die Reform von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Republikaner im Abgeordnetenhaus kritisierten den Regelvorschlag und seine Auswirkungen auf die Reliabilität des Stromnetzes scharf. Zusätzlich stellten die republikanische Abgeordnete und Senatoren Anfragen an die Kommissare der US-Energieregulierungsbehörde FERC (Federal Energy Regulatory Commission) über die Auswirkungen auf die Netzstabilität und Angebotskapazitäten. FERC-Kommissar James P. Danly teilt dabei viele ihrer Kritikpunkte. Joseph Goffman, Vorsitzender des EPA-Büros für Luftverschmutzung, verteidigte den Regelvorschlag während einer FERC-Konferenz, zeigte allerdings Offenheit für Überarbeitungen, um Sorgen über die Auswirkungen auf die Netzstabilität zu begegnen. Eine Konsultation des Gremiums von kleinen und mittleren Unternehmen hatte die EPA jüngst zu Änderungen bewegt. Kraftwerke dürften nun auch nach den genannten Fristen am Netz bleiben, wenn Netzbetreiber ihre Unabdingbarkeit zertifizieren. Der Regelvorschlag soll bis April finalisiert werden.
EPA: Methanregulierung (finalisiert)
Während der COP 28 Konferenz in Dubai hat die EPA ihre finale Regulierung von Methanemissionen veröffentlicht. Die Regulierung zielt auf eine Reduzierung anthropogener Methanemissionen um 80%. Nachdem der IRA für Organisationen unter dem EPA Greenhouse Gas Emissions Reporting Program (GHGRP) bereits Strafzahlungen für Methanausstoß in Höhe von $900 pro Tonne eingeführt hat, markiert die EPA-Regulierung die zweite Säule der Methanregulierung durch die Biden-Administration. Durch die Regulierung erwartet die EPA 58 Millionen Tonnen Methan zwischen 2024 und 2038 einzusparen, dem Äquivalent von 1,5 Milliarden Tonnen CO2. Das so zusätzlich gewonnene Erdgas soll knapp unter 1 Milliarde US-Dollar pro Jahr einbringen. Die Regel hat vier Hauptkomponenten: Routineabfackelung beenden, Leckortung und Undichtigkeiten, Kontrollausrüstung, sowie ein Super-Emittenten-Programm.
Die routinierte Abfackelung von Gasen in neuen Bohrlöchern muss über zwei Jahre schrittweise eingestellt werden, bevor es vollständig verboten ist. Existierenden Bohrlöchern mit unter 40 Tonnen Methanausstoß pro Jahr gestattet die EPA weiterhin Routineabfackelung, da alternative Technologien zu kostspielig und somit unrentabel seien. Für Bohrlöcher mit Methanemissionen über 40 Tonnen pro Jahr dürfen nur abfackeln, wenn Sammelleitungen nicht verfügbar und Alternativen technisch nicht umsetzbar sind. Auch Wartung und Kontrolle von Gasfackeln werden verschärft. Im Bereich Leckortung und der Prävention von Undichtigkeiten werden je nach Anlagengröße und -typ unterschiedliche Vorgaben gemacht. Einzelne Bohrlöcher werden vierteljährlich einer einfachen Prüfung unterzogen, während Anlagen mit mehreren Bohrlöchern zusätzlich halbjährlich einer tiefgreifenden Prüfung unterzogen werden. Je nach Prüfung, haben Betreiber 30 bis 60 Tage Zeit für Reparaturen. Zentralisierte Produktionsstätten werden alle zwei Monate, Kompressoren monatlich einer tiefgehenden Prüfung unterzogen. Die Regel erlaubt es Firmen, alternative moderne Messinstrumente wie Luftaufnahmen und Dauermessinstrumente zu nutzen.
Für Druckkontrollinstrumente wie pneumatische Regler hat die EPA neue Standards festgesetzt. Bei gasbasierten Systemen muss das entweichende Gas verwertet werden. Wo dies nicht möglich ist, müssen geschlossene oder druckluftbasierte Systeme zur Anwendung kommen. Das einzurichtende Super-Emittenten-Programm der EPA erlaubt es Drittparteien sich zertifizieren zu lassen, um anschließend über Luftaufnahmemessungen oder Satellitenbilder Lecks über 100kg pro Stunde zu entdecken und diese der EPA zu melden. Das Programm sei eine Reaktion auf Studien, die belegen, dass ein Großteil der Methanemissionen von wenigen Super-Emittenten ausgehe.
Der wissenschaftliche Beirat der EPA kam in seinem jüngsten Bericht zu dem Ergebnis, dass die Methanberichtspflichten Emissionen in gewissen Szenarien verfehlt, während sie andere Emissionen überschätzt. Besonders die Methanemissionen unvorhergesehener großer Ereignisse wie Blowouts würden durch die Durchschnittswerte der EPA überschätzt, während unbemerkte Lecks unterschätzt würden. Ihre Empfehlungen legen eine Überarbeitung der Regel durch ein Gremium aus Wissenschaftlern nahe, um Methanemissionen akkurater messen zu können, sowie strengere Berichtspflichten für Stoffe, die gemeinsam mit Methan ausgestoßen würden.
Weitere Regulierungen
EPA: Treibhausgasemissionsstandards für Fahrzeuge:
Nutzfahrzeuge – Phase 3 (Regelvorschlag)
Seit April 2023 besteht ein Regelvorschlag zur 3. Phase der Treibhausgasemissionsstandards für Nutzfahrzeuge (heavy-duty trucking). Der Vorschlag würde die flottenweiten CO2-Standards ab Modeljahr 2027 und schrittweise weiter bis 2032 verschärfen. Die technologieneutrale Regel lässt es Herstellern zwar offen, wie die neuen Standards erreicht werden, kommen aber aufgrund der starken Verschärfung de-facto einer E-Fahrzeug-Quote gleich. Die EPA erwartet, dass die Regel dazu führen wird, dass bis 2032 die Hälfte aller Busse und ein Viertel aller Langstrecken-LKW elektrifiziert wird. Der Vorschlag soll bis März 2023 finalisiert werden.
PKW (Regelvorschlag)
Im April wurde auch die analoge Regel für PKW vorgestellt. Der Regelvorschlag sieht ebenfalls einen verschärften Emissionsstandard ab Modelljahr 2027 vor. Flottenemissionen dürften ab 2032 nicht über 82 Gramm CO2 pro Meile liegen. Die EPA erwartet, dass bis 2032 durch diesen Regelvorschlag zwei Drittel aller Neuzulassungen E-Autos sein werden.
PKW sind zusätzlich Gegenstand einer geplanten Verschärfung der Treibstoffeffizienzstandards durch das US-Verkehrsministerium DOT (Department of Transportation). Die Treibstoffeffizienz für SUVs wird im Vorschlag doppelt so stark verschärft wie für kleinere PKW.
EPA: Emissionsstandards für Feinstaubpartikel (Regelvorschlag)
Bis Ende des Jahres beabsichtigt die EPA, einen Prozess zur Neubewertung (und Verschärfung) der Emissionsstandards für Feinstaubpartikel abzuschließen. Der Regelvorschlag beinhaltet neue Grenzwerte von 9 bis 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresdurchschnitt. Der aktuelle Standard beträgt 12 Mikrogramm. Gesundheits- und Umweltschutzverbände fordern eine Absenkung auf bis zu 8 Mikrogramm, während eine Reihe Republikaner im Abgeordnetenhaus sowie führende Wirtschaftsverbände, angeführt von der National Association of Manufacturers und der US Chamber of Commerce, eine Verschärfung kritisieren.
EPA: Regulierung von Emissionen bei Reifenproduktion (Regelvorschlag)
Die EPA hat einen Regelvorschlag veröffentlicht, der Emissionsstandards auf die Produktion von Reifen ausweiten soll. Ein Gericht hatte 2020 entschieden, dass die EPA in bestimmten Fällen angehalten ist, alten Regulierungen zu aktualisieren. Hierzu gehöre auch die Regulierung von bis dato unregulierten gefährlichen Stoffen, die zur Luftverschmutzung beitragen. Nach einer Konsultation mit der Kautschukindustrie ist die EPA zu dem Ergebnis gekommen, dass in der Tat ein solcher Fall vorliegt. Für die Reifenproduktion hat sie nun einen Regelvorschlag veröffentlicht, der erstmals Standards für Kohlenwasserstoffe und Feinstaubpartikel festlegen würde. Die Behörde schätzt die Emissionsreduzierungen auf 1.072 Tonnen pro Jahr, bei Kosten in Höhe von 20,8 Millionen US-Dollar.
DOE: schnellere Umweltprüfung von Erneuerbare Energie Projekten (Regelvorschlag)
Das US-Energieministerium (DOE) strebt schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich erneuerbarer Energien an. Der National Environmental Policy Act (NEPA) schreibt Bundesbehörden vor, bei gewissen Projekten Umweltprüfverfahren durchzuführen. Für Umfang und Dauer des Verfahrens ist (u.a.) entscheidend, ob zu erwarten ist, dass ein Projekt signifikante, nur leichte, oder keine Auswirkung auf die Umwelt haben wird. Das DOE möchte nun die zu erwartenden Auswirkungen von Projekten wie dem Aus- oder Neubau von Übertragungsnetzen, Batteriespeichern oder Solarprojekten (unter 81 Hektar) als „nicht signifikant“ einschätzen. Damit könnten solche Projekte schneller und einfacher genehmigt werden.
EPA: PFAS-Regulierung zentraler Punkt der Biden-Administration
Ein zentrales Anliegen der Biden-Administration in der Chemikalien- und Umweltschutzpolitik ist die Regulierung von per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS). Zunächst weitete die EPA Studien und Monitoring von PFAS aus, überholte Klassifizierungen und Gefahreneinschätzungen. Schlussendlich finalisierte die EPA zwei Regulierungen. Ein verteidigungspolitisches Paket des US-Kongresses Ende 2019 designierte viele PFAS-Stoffe als berichtspflichtig an das Toxic Release Inventory (TRI). Die Umsetzung ist abgeschlossen und seit November 2023 in Kraft. Die EPA führt eine aktualisierte Liste aller PFAS-bezogenen Regulierungen seit Januar 2021.
DOE: Energieeffizienzstandards für Heizungen und Heizkessel unverändert
Das US-Energieministerium (DOE) ist vom Kongress ermächtigt, Standards für die Energieeffizienz bestimmter Produkte zu setzen, sowie gemeinsam mit der EPA das Energy Star Program zu verwalten. Standards werden für über 60 Produkte aus den Bereichen Konsumgüter, kommerzielle und industrielle Produkte, Leuchtmittel und Sanitär erarbeitet. Für Heizungen und Heizkessel zum Beispiel kam das DE in seinem Vorschlag zu dem Schluss, dass es derzeit keine wirtschaftliche und technologische Grundlage gäbe, die Standards weiter zu verschärfen.
CFTC: erbittet Stellungnahmen zu Regelvorschlag mit Richtlinien für Kohlenstoffmärkte
Die US Commodity Futures Trading Commission (CFTC) hat einen Regelvorschlag herausgebracht in dem sie einheitlichere Standards für CO2-Kompensationen in Form von Derivatverträgen vorschlägt. Eine öffentliche Stellungnahme läuft bis 16. Februar 2024.
Regulatorik in den USA: was müssen Exporteure und deutsche Tochterunternehmen beachten?
Die USA sind mitnichten das Land der unregulierten Wirtschaft, auch wenn ein solches Bild landläufig in Europa weit verbreitet ist. Bei genauem Hinsehen ergibt sich ein komplexes Hin- und Her zwischen Bundes- und Landesebene, ähnlich wie der oftmals doppelten Regulierung durch Brüssel und die EU-Mitgliedsstaaten. Es lohnt sich daher, bei Geschäftsaktivitäten in den USA einen genaueren Blick auf die Regulatorik in Washington und den Einzelstaaten zu werfen. Oft steckt „der Teufel im Detail“.
Die gute Nachricht dabei: die US-Behörden und meisten Administrationen sind gegenüber Vorschlägen und Rückmeldung aus der Wirtschaft grundsätzlich sehr offen. Besonders technische Hinweise und Verbesserungsvorschläge werden oft angenommen. Besonders gut ist es, wenn Stellungnahmen gemeinsam mit US-Geschäftspartnern oder Partnerverbänden erfolgen.
Für weitere Fragen und Informationen wenden Sie sich gerne an RGIT.
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Informationen des Representative of German Industry and Trade (RGIT) in Washington, DC
Kontakt:
Tel: (001) 202-659-4777
Die Washington News berichten über aktuelle wirtschafts- und handelspolitische Entwicklungen
in den USA.
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DISCLAIMER
This material is distributed by the Representative of German Industry and Trade (RGIT) on behalf of the Federation of German Industries (BDI) and the Association of German Chambers of Commerce and Industry (DIHK). Additional information is available at the Department of Justice, Washington, DC.
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