Ausgabe ___ | March 29 2017
5. Februar 2018
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Themen dieser Woche:

  • Wettbewerb um Studierende in den USA und was er bedeutet
  • Was wurde aus der 2009er Kohorte von Neuntklässlern?
  • Berufsbildungskonzept der US-Regierung: Reicht eine Umbenennung von Community Colleges?
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe befassen wir uns mit einem Wettbewerb von US-Bundesstaaten um Studierende und mit einer Untersuchung zum Bildungsverlauf der Kohorte von Neuntklässlern des Jahres 2009. Wir werfen zudem einen Blick auf die Rhetorik der US-amerikanischen Bundesregierung bezüglich berufsbildender Aspekte terziärer Bildung und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine interessante Lektüre.

Stefan Altevogt
Wettbewerb um Studierende in den USA und was er bedeutet
In einem Beitrag befasst sich der Chronicle of Higher Education mit den Sorgen öffentlich finanzierter Hochschulen im US-Bundesstaat Illinois um ihre Wettbewerbsfähigkeit, die sich im System der University of Illinois zuletzt in einem Einfrieren der Studiengebühren für „Landeskinder”, nicht aber in einem Stop der Abwanderung von Studierende in andere Bundesstaaten niedergeschlagen hätten. Es heißt: „In January, the system’s president, Timothy L. Killeen, was explicit about its [Einfrieren von Studiengebühren über die vergangenen vier Jahre] purpose: to stop the hemorrhaging of Illinois residents enrolling at out-of-state colleges and universities.”

Zwar könne man die negative Entwicklung in Illinois über die vergangenen Jahre vergleichsweise einfach auf den schrittweisen Verlust bundesstaatlicher Unterstützung zurückführen, doch reiche der „Netto-Verlust” von Studierenden gegenüber anderen Bundesstaaten deutlich weiter zurück, nämlich bis in die 1960er Jahre. Dies läge vor allem daran, dass die „Landeskinder” aus Illinois, dem mit Abstand bevölkerungsreichsten Bundesstaat im Mittleren Westen, für Werber aus Hochschulen in den umliegenden Bundesstaaten als „vollzahlende out-of-staters” sehr lukrative Rekrutierungsziele seien, für deren Anwerbung notfalls auch entsprechende, öffentlich finanzierte Mittel in Form von Studienbeihilfen bereitgestellt würden.

Diese am Beispiel Illinois illustrierte Entwicklung berühre allerdings eine allgemeinere Frage, nämlich: „Should public universities be making a concerted effort to lure students from other states? (…) Proponents point to the economic benefit of counting more college graduates as residents; critics argue that institutions should prioritize state taxpayers.” Das ökonomische Argument gehe dabei noch deutlich über die Zeit der Hochschulausbildung hinaus, denn – und hier wieder mit Blick auf Illinois – Studierende tendieren dazu, ihre beruflichen und nach Studienabschluss in der Regel vergleichsweise gutbezahlten Karrieren in der Gegend des Abschlusses zu beginnen. Dazu heißt es: „The study estimated that if those students had completed college in Illinois, they would have earned $10.1 million in wages three years out – a significant loss of tax revenue for a state in desperate need of it.”

Sie finden den Beitrag hier.

Sie finden die zitierte Studie hier.

Was wurde aus der 2009er Kohorte von Neuntklässlern?
Inside Higher Education befasst sich in einem Beitrag mit jüngsten, vom National Center for Education Statistics des US-Bildungsministeriums vorgelegten Zahlen der zweiten Auswertungsrunde der High School Longitudinal Study of 2009. Seinerzeit war eine landesweit repräsentative Gruppe von Neuntklässlern erfasst worden und man war seither ihren Ausbildungswegen gefolgt.
Bis Februar 2016 hatten danach 92% der Gruppe den Oberschulabschluss erreicht gehabt und 72% der Gruppe hatte sich zu diesem Zeitpunkt in „postsecondary”-Programmen eingeschrieben gehabt, sei es in Degree-Programmen zweijähriger oder vierjähriger Hochschulen oder aber auch in „Certificate”-Programmen oder „classes outside such a program”.

Von den 28% der Neuntklässlern des Jahres 2009, die sich Anfang 2016 nicht (mehr) in Ausbildung befanden, benannte mehr als ein Viertel finanzielle Schwierigkeiten als den zentralen Grund und ebenfalls mehr als ein Viertel dieser Gruppe gab an, 2015 weniger als $10.000 Einkommen gehabt zu haben.

Wenig überraschend sei auch der Zusammenhang zwischen sozialem Status und Bildungschancen: „The study showed a strong link between privilege and education. Students who went to a private high school were much more likely to go to college. About 80 percent of private school graduates went on to college by 2016, while 48.7 percent of public school students were enrolled in postsecondary education.”
Entlang der Linien ethnischer Zugehörigkeit habe sich ein etwas anderes, wenngleich auch nicht überraschendes Bild ergeben: Von den Neuntklässlern des Jahrgangs 2009 mit asiatischem Migrationshintergrund waren 2016 gut 88% in terziärer Bildung, bei Weißen waren es knapp 76%, bei Hispanics 68% und unter Afroamerikanern knapp 65%.

Im Hinblick auf die Erfolgschancen innerhalb des terziären Bildungssektors ist es schließlich auch erheblich, an welcher Art Einrichtung studiert wird. Und auch hier scheint das System eher auf Reproduktion bestehender Verhältnisse, als auf meritokratische Mobilität ausgerichtet: „Around a third of white, black and Asian students went on to a public two-year college, compared to just over 50 percent of Hispanic students. About 44 percent of white students enrolled at a public four-year college, compared to 42.1 percent of black students, 51.3 percent of Asian students and 26.7 percent of Hispanic students. White students enrolled in private, four-year institutions in the largest numbers, at 19.4 percent. This compared to 14 percent of black students, 12 percent of Hispanic students and 16.7 percent of Asian students.”

Sie finden den Beitrag hier.

Sie finden die Zahlen hier.
Berufsbildungskonzept der US-Regierung: Reicht eine Umbenennung von Community Colleges?
Ein Beitrag auf Inside Higher Education macht auf den hohen Stellenwert aufmerksam, den die US-Regierung unter Donald Trump der beruflichen Bildung im terziären Bildungssektor einzuräumen vorgibt, und zitiert Trump aus einer Rede an einem Community College mit den Worten: „We can open more vocational schools because we want every American to reach their full God-given potential. Vocational schools. Today you have community colleges and you have all of the – when I was growing up we had vocational schools … we should have vocational schools. You learn mechanical, you learn bricklaying and carpentry and all of these things. We don’t have that very much anymore. And I think the word ‘vocational’ is a much better word than in many cases a community college. A lot of people don’t know what a community college means or represents.”

Abgesehen vom Pathos und der gedanklichen Inkohärenz, so der Beitrag weiter, lasse die Politik der Bundesregierung allerdings nach Einschätzung des CEOs der National Skills Coalition, Andy Van Kleunen, entsprechende Taten vermissen. Er wird mit den Worten zitiert: „Talk is cheap. Ensuring we have the most skilled work force in the world is not. Unfortunately, to date, the president’s agencies have either called for deep cuts to work-force programs or they have refused to spend the training resources Congress has already given to them.”

Trump, so der Beitrag weiter, könne allenfalls zugute gehalten werden, auf die oft unterschätzte Bedeutung der Community Colleges des Landes hingewiesen zu haben, durch die hindurch mehr als die Hälfte aller US-amerikanischer Bachelors in der einen oder anderen Form gegangen seien. Community Colleges seien eben mehr als nur Job Training und die Namensgebung sei eine Angelegenheit der Träger und diese würden vor allem der Tatsache Rechnung tragen, dass dieser Hochschultyp lokal verschiedensten Bedürfnissen gerecht werden müsse. In den Worten von Karen Stout, Präsidentin und CEO einer Interessengruppe für zweijährigen Hochschulen: „Many of us have very strong vocational components to our mission and do the work he [Trump] describes. We work closely with employers in our areas, with unions and other apprenticeship organizations to meet labor market demands.” Aber die zweijährigen Hochschulen des Landes böten darüber hinaus eben auch die Möglichkeiten zu Transfers in vierjährigen Hochschulen, „to meet students’ aspirations and the needs of their communities’ labor markets.”

Es gäbe mit Florida ein Beispiel, wo der Begriff „Community” aus den Namen der 28 öffentlich finanzierten zweijährigen Einrichtungen beinahe vollständig verschwunden sei. Dies sei allerdings kein Ausdruck einer Betonung beruflicher Ausbildung, sondern Ausdruck des Angebots von vierjährigen Abschlüssen an diesen ehemals Community Colleges genannten Einrichtungen.

Ein Zitat aus einer Stellungnahme der Association for Career and Technical Education (ACTE) rundet schließlich die These des Beitrags ab, wonach die Trump-Regierung für die Zwecke politischer Ansprachen das Bild einer „guten, alten Zeit” funktionierender Berufsausbildung und folglich US-amerikanischer „Größe” malt, ohne dabei eine wirkliche Vorstellung von der Bildungsrealität und ihrer möglichen Mängel zu haben. Es heißt: „Millions of high school students are enrolled in thousands of CTE programs that prepare students for careers in not only the traditional skilled trades, but also in nursing, coding, business, engineering and more. CTE delivery systems vary to meet the needs of individual localities, and community colleges play a vital role in these systems. From dually enrolled high school students to adult students seeking new credentials and careers, Americans value and trust the nation’s community college system.”

Sie finden den Beitrag hier.

Sie finden die ACTE-Stellungnahme hier.

Kurznachrichten
Der Chronicle of Higher Education zitiert jüngste Zahlen des Department of Education’s Office of Inspector General, denen zufolge derzeit durch sog. „income-driven repayment programs” die Rückzahlung von Studiendarlehen weit hinter den Ausgaben zurückgefallen sei und dass man derzeit intensiv über korrigierende Maßnahmen nachdenke. Es heißt: „The inspector general’s report is sure to provide fodder for discussion on the costs of student-aid programs.”

Sie finden den Beitrag hier.

A uf Inside Higher Education beginnt man, sich mit der anstehenden Neufassung des Higher Education Acts (HEA) zu befassen, in dessen Jurisdiktion auch die verschiedenen Bundesprogramme zur Studienförderung fallen. In einem Beitrag widmet man sich mit einer Anhörung im U.S. Senate Education Committee, bei der die zentralen Standpunkte beider Parteien (wieder einmal) deutlich geworden seien: „Republican[s] have called for substantial changes to the way students apply for financial aid and the structure of the federal aid system, as well as restrictions on the programs that receive those funds. Democrats (...) have signaled general agreement with Republican goals, but with important caveats. Streamline grants and loans, yes, but only if the total amount of aid is preserved. Support innovation, too, but only if quality protections are put in place for students and taxpayers.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Die Université de Montréal (UdeM) meldet die Eröffnung eines Büros in der chinesischen Hauptstadt Peking als Teil einer Handelsvertretung der Provinz Quebec in China. Zu den Aufgaben des Büros heißt es: „The activities of the China office will extend to all aspects of UdeM’s mission, from teaching to continuing education, international cooperation, research and alumni relations. Thanks to the various partnerships and agreements developed over the past years, many Chinese students have had the chance to come and study at UdeM, while students and professors from Montreal have made the journey to China. Since the fall of 2014, 1,811 Chinese students have enrolled in regular programs offered by UdeM’s various faculties.”

Sie finden die Meldung hier.

Die McGill University, die führende englischsprachige Hochschule im frankophonen Quebec, meldet den Start eines gemeinsamen PhD-Programms mit der japanischen Kyoto University in einem fachlich eng umrissenen Bereich der Lebenswissenschaften. Es heißt: „Participating students will study and conduct research in the field of human biology. By working with biological big data, such as genomic information, intermediate phenotypes, lifestyles and environmental factors, these students will be trained to identify disease-predicting biomarkers and disease-susceptibility genes.” Man verspreche sich von dieser Zusammenarbeit raschere Fortschritte im Hinblick auf personalisierte Medizin.

Sie finden diese Meldung hier.

Der Chronicle of Higher Education befasst sich anlässlich einer $75 Mio.-Spende an das Philosophy Department der Johns Hopkins University (wir berichteten in der vergangenen Ausgabe) mit den Auswirkungen derartig massiver Eingriffe und schreibt zum begleitenden psychologischen Effekt: „A $75-million gift gives the impression that the program is on the rise. And, for a discipline that has endured its share of cutbacks and reductions, the perception that a program is in ascent can be its own gift.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

University Affairs berichtet von einer Alumni-Studie der University of Toronto zur Frage, welche beruflichen Laufbahnen ihre PhD-Absolventen hätten verwirklichen können. Die Daten von 9.600 Absolventen im Zeitraum von 2000 bis 2015 ließen erkennen, dass etwa 58% der Promovierten in Academia geblieben seien und es eine für deutsche Verhältnisse erstaunlich hohe Anzahl, nämlich 30,2%, in den „Tenure Stream“ (entfristete bzw. auf Entfristung hin ausgerichtete Professuren) geschafft hätten. Der Beitrag setzt diese Zahlen in den Kontext bei anderen Untersuchungen festgestellter Zahlen: „Other Canadian projects have gathered and publicized PhD career outcomes: institutionally, at the University of British Columbia, for example; by discipline, such as the TRaCE project tracking humanities outcomes; and province-wide through the Higher Education Quality Council of Ontario, or HEQCO. (...) The HEQCO study looked at the career outcomes of 2,310 doctoral students who graduated from Ontario universities in 2009. It found that just under 30 percent were full-time or tenure-track professors at a university, while another 21 percent had other jobs within academia. Over a third were employed outside academia in a variety of sectors; no employment data were available for the remaining 15 percent. A Conference Board of Canada report, released in 2015, had slightly different numbers. It found that 40 percent of PhD holders work in the postsecondary education sector, but fewer than one in five – 18.6 percent – are employed as full-time university professors, including both tenure and non-tenure-track positions. The remaining 60 percent of PhDs went on to work in other sectors such as industry, government and non-governmental organizations.“

Sie finden diesen Beitrag hier.

Inside Higher Education zitiert eine von Organisationsforschern der University of Sheffield vorgelegte Untersuchung, derzufolge die Kreativität von Gruppen um die Mittagszeit einen Höchststand erreiche und darum dieser Zeitpunkt besonders für kreative Fortschritte geeignet sei: „The results are thought to reflect peaks in socialization, alertness and arousal that are believed to occur about four hours after waking and have been evidenced by previous studies.” Danach – dies decke sich mit häufig gemachten Erfahrungen – ginge es allerdings steil bergab: „A dip in alertness and cheerfulness after a midday meal that has previously been blamed for a rise in the number of traffic accidents in the midafternoon and a drop in performance in laboratory-related tasks.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

In einem Beitrag für den Chronicle of Higher Education plädiert Rachel Judith Weil, Geschichtsprofessorin an der Cornell University, für eine angemessene Wertschätzung von Durchschnittlichkeit auch in einem vom Streben nach Exzellenz geprägten Zeitalter. Durch den Fokus auf herausragende Leistungen und die Toleranz der vielen möglichen Unfälle auf dem Weg zur Exzellenz habe Durchschnittlichkeit mittlerweile einen schlechten Ruf bekommen. Weil schlägt darum eine Umbenennung vor: Angemessenheit (Adequacy) statt Durchschnittlichkeit (Mediocrity). Sie argumentiert: „Mediocrity has a telos, always straining upward toward excellence, while adequacy is an achievement in its own right. There is a gulf separating the mediocre and the excellent. I am a mediocre singer, Renée Fleming is excellent, and the gulf between us is uncrossable. But adequacy unites us. What Renée Fleming and I have in common is that we are both, at minimum, adequate singers.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Schließlich fragt ein Beitrag im Chronicle of Higher Education „Should Students Be Expelled for Posting Racist Videos?” und wenn ja mit welcher Begründung. Es heißt: „Institutions that expel or discipline students who are caught on video using racial slurs often say they are doing so to maintain a safe learning environment. But in practice, a leader might be acting out of moral conviction, said Jabbar R. Bennett, associate provost and chief diversity officer at Northwestern University.”

Sie finden diesen Beitrag hier.

Impressum


Dr. Nina Lemmens
Stefan Altevogt, Katrin Kempiners, Redaktion

Sie erhalten diese Nachricht als Newsletter-Abonnent der DAAD Außenstelle New York.

Copyright © by DAAD New York. Der Inhalt dieses Newsletters ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung des Textes - auch auszugsweise - ohne vorheriges schriftliches Einverständnis von DAAD New York ist nicht gestattet.