Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
|
|
Die Themen dieser Woche:
- Coronavirus und Hochschullandschaft
- Umfrage unter US-amerikanischen Hochschulpräsidenten
- Lernen in den USA
- Kurznachrichten
|
|
Liebe Leserinnen und Leser,
in dieser Ausgabe befassen wir uns mit ersten Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die US-amerikanische Hochschullandschaft und mit einer noch vor der Krise durchgeführten Umfrage unter Hochschulleitungen. Wir werfen zudem einen Blick auf eine Reihe von Beiträgen in der New York Times zu Aspekten des Lernens in den USA und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.
Stefan Altevogt
|
|
Coronavirus und Hochschullandschaft
|
|
Mit Schulschließungen, der Absage von Großveranstaltungen und Reisebeschränkungen versuchen die Behörden in den USA nun auch, die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus so weit zu verlangsamen, dass die Kapazitäten des Gesundheitssystems nicht dramatisch überlastet werden. Zu den Maßnahmen gehört auch die Verlegung von Unterricht an Hochschulen aus Seminarräumen und Vorlesungssälen heraus in elektronische Formate, selbst in Fällen – wie etwa am Bowdoin College in Brunswick, Maine – wenn die Fallzahlen in der Region bislang marginal sind und die Einrichtungen sich nicht in städtischen Verdichtungsräumen befinden.
Inside Higher Education befasst sich in einem Beitrag mit der Frage, warum einige Hochschulen bei Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie zögerlicher seien als andere, und schreibt: „In many cases those decisions are said to be based on individual location or the absence of confirmed cases within a college community. In others, however, the divide seems to be resource-based.” Während sich in New York City die allermeisten Hochschulen relativ früh auf eine Schließung des Unterrichtsbetriebs auf den Campi und eine entsprechende Verlagerung auf das Internet eingerichtet hätten, sei man an der City University of New York erst nach einer Welle von Protesten auf sozialen Medien zu diesem Schritt bereit gewesen.
Die aus deutscher Perspektive kaum nachzuvollziehenden enormen Unterschiede in der Hochschullandschaft seien nach Ansicht des ehemaligen Präsidenten der University of Florida und des Louisiana State University System, John Lombardi, ein wesentlicher Grund für die verschiedenen Handlungsspielräume der Einrichtungen. Er wird mit den Worten zitiert: „Each institution will respond in ways that depend on their size, their wealth, the characteristics of their constituencies and the likely risk associated with this virus. Small, rich, liberal arts colleges can do lots of things without much fallout because they have money, because they often are highly risk averse, and because they may well believe their [students’] parents are especially risk averse.”
Sie finden den Beitrag
hier.
Ein Beitrag in der New York Times zeichnet nach, wie drastisch die derzeitige Krise die Schwierigkeiten der Hochschulen offengelegt habe, ihren Unterrichtsbetrieb bei Bedarf rasch in elektronische Sphären zu verlegen. In den allermeisten Fällen, also im wesentlichen abseits sehr gut aufgestellter Einrichtungen wie MIT, Harvard oder Columbia, reiche es eben nicht aus, den Lehrenden einen Zoom Account einzurichten und per Crash-Kurs dessen Nutzung zu vermitteln. In der Fläche habe man es mit wenigstens 20% der Studierenden zu tun, deren Ausstattung bzw. Internet-Verbindung unzureichend für elektronische Unterrichtsformen seien. Hinzu käme: „Those with technology challenges are disproportionately low-income and students of color, who are also more vulnerable to dropping out. Those students need courses that are not just accessible, but also well designed.“
Ein weiteres Problem sei, dass nicht alle Lehrenden und Lernenden gleichermaßen für Fernstudienformate geeignet seien. In beiden Fällen sei die Economy of Scale eine Lösung, im ersten dadurch, dass die wenigen sehr gut geeigneten Lehrenden eine sehr große Reichweite bekämen, im zweiten dadurch, dass durch die vergleichsweise sehr geringen Kosten riesige Kohorten unterrichtet werden könnten, unter denen sich dann immer noch genügend „Erfolgsfälle“ finden ließen. Economy of Scale erfordere indes Zeit und Geld, beides bislang eher im gewinnorientierten Teil der Hochschullandschaft investiert. Auf die Frage, ob derartige Investitionen nun auch in den eher traditionellen Bereichen der Hochschullandschaft zu erwarten seien, antwortet der Beitrag mit: „In the coming weeks, they [college professors and administrators] will rally around their responsibilities as teachers and develop many innovative solutions to the sudden challenge the pandemic has created. But in a sense, it’s a mistake to say that colleges will be ‘moving to online education‘. All they’ll really be doing is conducting traditional education at a distance. That will be hard enough.“
Sie finden diesen Beitrag
hier.
Die von Beth McMurtrie betriebene Kolumne „Teachning“ im Chronicle of Higher Education listet, laufend aktualisiert, die verschiedensten Maßnahmen an US-amerikanischen Hochschulen, wie man dort jeweils den Unterrichtsbetrieb auf „Emergency Online Teaching“ umstellt.
Sie finden die Kolumne
hier.
Auf Inside Higher Education findet sich ebenfalls ein Beitrag mit praktischen Hinweisen für Lehrende der hervorhebt: „This guide is aimed not at the permanent movement from face-to-face to online education but at the desire to implement an interim solution for emergency remote teaching and is specifically focused on lecture-based classes with some considerations for more active learning environments.“
Sie finden diesen Beitrag
hier.
Ein Beitrag auf den kanadischen Global News zeigt, wie man aus der Not eine Tugend machen kann, oder, wie es im Nordamerikanischen heißt „how to make lemonade out of lemons“. Es geht hier nicht um Unterricht, sondern um Rekrutierung künftiger Studierender in Zeiten von „social distancing“. Es heißt: „Students can register for headsets at Trinity Western University’s website. The headsets will allow students to hear an introduction from the school’s president and take a 360-degree look at the campus and dorms. In addition to helping resolve concerns about COVID-19, the headsets will allow the school to give the demo to more people.“
Sie finden diesen Beitrag
hier.
Ein Beitrag auf Inside Higher Education zu den vermutlich existenzbedrohenden finanziellen Risiken einiger Hochschulen in der gegenwärtigen Krise wirft die Frage auf, ob nicht ein Teil der Risiken durch eine entsprechende Versicherung abgedeckt werden sollten, etwa ein drastischer Rückgang von vollzahlenden internationalen Studierenden infolge von Reisebeschränkungen. Der Blick auf ein Beispiel zeigt, um was für Größenordnungen es geht: „The University of Illinois, for example, enrolls a large number of Chinese students throughout its various programs, and concerns over a drop in enrollment resulting from a potential trade war with China led it to purchase an insurance policy to guard against this risk. The policy could pay out upward of $60 million, depending on the decline in Chinese student revenue over a three-year period (ending in May 2020) and is costing the institution approximately $425,000 in premiums per year.“
Sie finden diesen Beitrag
hier.
Ein weiterer Beitrag befasst sich auf Inside Higher Education mit dem Schicksal von Angestellten an Hochschulen, die infolge von auch vorübergehenden Schließungen arbeitslos zu werden drohten. Es heißt: „What will happen to college food service and custodial workers when campuses are empty? The answer is unclear for most, and layoffs aren‘t off the table.“
Sie finden diesen Beitrag
hier.
|
|
Umfrage unter US-amerikanischen Hochschulpräsidenten
|
|
Gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut Gallup führt Inside Higher Education regelmäßige Umfragen in der US-amerikanischen Hochschullandschaft durch und hatte Anfang Januar Präsidenten von Universitäten und Colleges mit Fragebögen angeschrieben. Aus den 746 eingegangenen Antworten ist nun die Neuausgabe des „Survey of College and University Presidents” zusammengestellt und veröffentlicht worden. Er zeichnet ein sehr zuversichtliches Stimmungsbild von vor der Coronavirus-Pandemie. In einem begleitenden Beitrag heißt es: „A record-high 69 percent of all college leaders agreeing that their institution will be financially stable over five years, up from 66 percent last year, and 57 percent saying the same over a 10-year period, the same as in 2019. Most presidents also largely play down the possibility that their institutions could merge or close, with the vast majority (84 percent) saying they’ve not seriously discussed mergers with their senior campus colleagues and 85 percent saying they don't believe their college should merge with another within five years.”
Sie finden den Beitrag
hier.
Unter den Highlights der Umfrageergebnisse ragt auch heraus, dass fast zwei Drittel der Hochschulleitungen ihre jeweilige Einrichtung besser auf eine ökonomische Krise vorbereitet sähen, als es noch 2008 der Fall gewesen sei. Dennoch fürchte man sich mehrheitlich vor der nächsten Krise, vor allem weil eine Änderung des Geschäftsmodell drohen könne. Hier sei allerdings Einsicht und Änderungsbereitschaft in den Gremien von Hochschulen ungleich verteilt: „Presidents believe senior administrators and trustees understand the challenges their institution faces and the need to adapt. But by a 2-1 margin, they disagree rather than agree that faculty members do.“
Eine bemerkenswerte Kluft finde sich zwischen Leitungen privater und öffentlich finanzierter Hochschulen hinsichtlich der Frage, ob Kinder von Ehemaligen bei der Zulassung zu selektiven Colleges bevorzugt (legacy admission) werden dürften oder nicht. Fast die Hälfte der Befragten meine, dies sei für private Hochschulen durchaus angemessen, etwas mehr als die Hälfte meine, für öffentlich finanzierte Hochschulen sei dies nicht angemessen.
Ähnlich verschieden sei die Haltung zur Frage, wer die Kosten für einen Hochschulbesuch zu tragen habe. Hier heißt es: „Majorities of college leaders oppose the idea of free public college and canceling student debt. Community college presidents are much more likely to support those proposals than executives of other types of institutions.“
Insgesamt sei das Stimmungsbild im Hinblick auf die gesamtpolitische Lage deutlich trüber als im Hinblick auf die ökonomische Entwicklung. Fast 70% würden mit Sorge auf die vor allem unter Republikanern wachsende Skepsis gegenüber Hochschulen insgesamt blicken. Es gäbe aber auch die „thirteen percent [who] agree that Republican doubts about higher education are justified.“
Sie finden den Survey
hier.
|
|
In einer Reihe von Beiträgen befasst sich die New York Times mit Aspekten des Lernens (an Hochschulen) in den USA und berührt dabei sowohl Themen, wie man sie auch in Deutschland diskutieren würde, als auch Aspekte, die man nicht so ohne weiteres mit Bildung in Verbindung bringen würde, wie etwa die auf über 10% geschätzte Obdachlosigkeit von Kindern im Schulbezirk New York City, die Schließungen von Schulen auch zu einer allgemeineren Versorgungsfrage werden lässt.
Sie finden die Reihe
hier.
Der Beitrag zu Obdachlosigkeit und „housing insecurity“ unter Studierenden beziffert das Problem auf derzeit 17% der Studierenden, die als obdachlos gelten und darüber hinaus ein erschreckend hoher Anteil, der Zweifel an der Stabilität ihrer jeweiligen Wohnverhältnisse habe. Es heißt: „Seventeen percent of community college students experienced homelessness in the last year, according to a 2019 survey of close to 167,000 college students by The Hope Center for College, Community, and Justice in Philadelphia. And half reported housing insecurity, paying only part of their rent, skimping on utility bills, or sleeping on friends’ couches and sometimes in their cars.“
Sie finden den Beitrag
hier.
Ein Beitrag mit vermutlich höherer Resonanz auch außerhalb der USA befasst sich mit den Lebenshaltungskosten während des Studiums, die neben Tuition & Fees ja auch noch abgedeckt werden wollen. Nur sehr wenige Hochschulen in den USA (etwa 60) seien wohlhabend genug, nicht nur die Zulassung zum Studium ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse, also „need-blind“, machen, sondern im Bedarfsfall auch bei den Lebenshaltungskosten helfen zu können. Der allergrößte Teil könne sich dies nicht leisten, bestenfalls eine sog. „need-aware“ Haltung. Das habe Folgen für die Zulassung akademisch geeigneter Bewerber aus einkommensschwächeren Familien: „They [need-aware institutions] think it’s fairer to reject a student rather than accept them along with, say, a $20,000 bill they can’t really pay.“
Sie finden diesen Beitrag
hier.
|
|
Mit der weitgehenden Verlagerung des Unterrichtsbetriebs US-amerikanischer Hochschulen in das Internet änderten sich einem Beitrag auf Inside Higher Education zufolge auch die Bedarfe von Studierenden, die sich auch traditionell nicht ohne Spickzettel in Prüfungen begeben hätten. Für sie stellt der Beitrag „5 Ways to Cheat on Online Exams” zusammen und erläutert an Fallbeispielen, wie man es lieber nicht machen solle, etwa: „One student enlisted the support of a friend who whispered answers while hiding behind the blinds. Just because you can’t be seen, though, doesn’t mean you’re safe. High-quality audio detection in both live and automated proctoring can alert proctors to suspicious sounds. Others go it alone: one student taped the answers to clear vinyl blinds in the room. Unfortunately for him, before each exam, students must show proctors around their test-taking environment to make sure nothing escapes their notice. One has to wonder how that student might have performed on the test if he’d spent his time studying rather than setting up such an elaborate scheme?“
Sie finden den Beitrag
hier.
Mit den Worten „After 40 years here, I’d like to try something different. (Suggestions welcome.)” habe der Schulleiter der St. Bernard’s Boy School in der Upper East Side von Manhattan einem Beitrag der New York Times zufolge seinen Rücktritt erklärt und die letzten beiden Worte legten nahe, dass dies nicht friedlich vonstatten gegangen sei. Mehr sei allerdings nicht zu erfahren, denn es gäbe eine Stillschweigevereinbarung. Warum die Hand vorgehalten werde, erläutert der Beitrag mit den Worten: „Since its early days, St. Bernard’s set out to produce a singular kind of man – one both successful and surpassingly learned, a supplicant to rigor and good will. Traditionally, St. Bernard’s, which goes through ninth grade, has been a first step on the path to the best boarding and day schools, to the Ivy League and then, as surely as sunset, to the most venerable investment houses, law firms, cultural institutions, public-sector work.“ Was sich aber nicht habe verbergen lassen, war der Streit, der zwischen Eltern und Aufsichtsrat der Schule ausgebrochen sei, und der habe zum Teil komische Aspekte gehabt. Es heißt: „Things got personal. Intellectual snobberies were revealed. One parent who supported Mr. Johnson [der zurückgetretene Schulleiter] confronted another who did not: ‘Are you fluent in Latin? What is your favorite Shakespearean sonnet? Who is your favorite Pre-Raphaelite artist?‘ The parent on the receiving end of this interrogation shrugged in response.“
Sie finden diesen Beitrag
hier.
|
Dieser Newsletter wird bereitgestellt von:
DAAD Außenstelle New York, 871 United Nations Plaza New York, NY 10017, rechtlich vertreten durch Frau Dr. Dorothea Rüland,
Deutscher Akademischer Austauschdienst e.V., Kennedyallee 50, 53175 Bonn
Tel:
(212) 758-3223
Vereinssitz:
Bonn (Deutschland), eingetragen beim Amtsgericht Bonn, Registergericht VR 2105
Redaktion:
Benedikt Brisch, Stefan Altevogt, Casey Detrow
Bildnachweis:
Rainer Sturm/pixelio.de
Haftungshinweis:
Wir übernehmen keine Haftung für die Inhalte Dritter. Für den Inhalt verlinkter Seiten sind ausschließlich deren Betreiber zuständig.
Copyright © by DAAD e.V. Der Inhalt dieses Newsletters ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung des Textes - auch auszugsweise – und der Bilder ohne vorheriges schriftliches Einverständnis des DAAD ist nicht gestattet.
Abmeldung:
Wenn Sie diesen Newsletter nicht mehr empfangen möchten, klicken Sie bitte auf 'Unsubscribe' unten am Ende dieser E-Mail.
|
|
|
|
|
|
|