Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
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Die Themen dieser Woche:
- Wettbewerb um Studierende
- Inflation guter Noten
- Grenzen freier Meinungsäußerung
- Kurznachrichten
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Liebe Leserinnen und Leser,
in dieser Ausgabe befassen wir uns mit dem sich in den USA verschärfenden Wettbewerb um Studierende und mit zwei Facetten des Phänomens, dass zeitgleich mit niedrigen Erfolgsquoten an US-Hochschulen die Noten in anderen Teilen der Landschaft immer besser werden. Wir werfen zudem einen Blick auf die Grenzen freier Meinungsäußerung an Hochschulen in den USA und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.
Stefan Altevogt
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Wettbewerb um Studierende
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Goldie Blumenstyk nimmt in einem Beitrag für den Chronicle of Higher Education eine Vereinbarung zwischen dem Community College System im US-Bundesstaat Pennsylvania und der Southern New Hampshire University (SNHU) zum Anlass für die Frage, ob es sich hierbei um einen Wendepunkt im sich verschärfenden Kampf um Anteile eines kleiner werdenden Hochschulmarkts handele.
Auf dem Papier sei es eine Vereinbarung zu einer Zusammenarbeit wie viele andere auch, doch habe es diese angesichts der Ambitionen der privatfinanzierten und überwiegend im Fernstudien-Modus arbeitenden SNHU in sich: Alle 14 öffentlich finanzierten Community Colleges in Pennsylvania könnten nun ihren Studierenden einen vergleichsweise unkomplizierten Weg zu einem Bachelor-Abschluss anbieten, der zudem noch kostengünstiger sei, als würde man innerhalb des Bundesstaats per Dreischritt „Community College – Transfer – Bachelor Degree” einen vierjährigen Abschluss anstreben. Sie schreibt: „The Gloves Are Off: (…) It [die Vereinbarung] raises a lot of interesting issues about the increasing competition for students – it’s a market out there, folks – and whether expectations for relationships among public-college systems are going out the window.”
Die jetzt von SNHU getroffene Vereinbarung sei zwar auf der einen Seite in ihrem Umfang spektakulär, doch habe es bereits im Vorfeld verschiedene derartige Vereinbarungen der SNHU mit anderen „Zulieferern“ gegeben, mit denen die Hochschule ihre Ambitionen als Mega-University unterstreiche und damit möglicherweise als Beispiel für ähnliche andere Initiativen dienen könne. Blumenstyk zitiert aus einem ihr zugegangenen „Leserbrief” die ihrer Ansicht nach treffenden Worte: „Southern New Hampshire captured 3 very important things – cost, convenience and credit transferability – a market driven response to a big problem.”
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Ein weiterer Beitrag befasst sich im Chronicle of Higher Education mit Studienabbrechern als möglichem Markt für Hochschulen und fragt: „Colleges struggle to serve millions of dropouts. Have these men cracked the code?” „These men”, Dennis Littky als Präsident und Adam Bush als Provost der Erwachsenenbildungseinrichtung College Unbound, zeigten mit ihrer freilich noch sehr kleinen und bislang nur für einen Abschluss (ein „Bachelor of Arts in Organizational Leadership and Change”) akkreditierten Einrichtung in Rhodes Island, dass es durchaus Wege gäbe, den Millionen US-Amerikanern mit College-Credits aber ohne Degree zu einem Abschluss zu verhelfen und nebenbei auch den Pool der künftigen Studierenden zu vergrößern.
Dass dies in kleinem Maßstab in Rhode Island habe gelingen können, sei nicht nur Ausdruck der Beharrlichkeit von Littky und Bush bei der Verfolgung ihrer Ziele, sondern auch ein Zeichen, dass das Establishment der US-amerikanischen Hochschulbildung offener für Experimente geworden sei. Die Grenzen der Toleranz würden schon bald wieder getestet werden: „Littky and Bush’s next move could test that openness further. They hope to grow the enrollment to 500 students by 2022 and then, once accredited, to take their model nationwide. ‘College Unbound was never just about doing a boutique school in Rhode Island”, Littky says.”
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Ein Beitrag des Chronicle of Higher Education zitiert Paul Courant, Professor für Ökonomie an der University of Michigan, mit den Worten: „Just like real inflation, grade inflation happens when you print money. And it’s a kind of money – satisfaction – that the faculty is in a position to print.” Neben den überschaubaren Erfolgen US-amerikanischer Hochschulen, ihre Studierenden zum Studienerfolg zu bringen (im landesweiten Schnitt, siehe den Beitrag über Anspruch und Wirklichkeit in der vergangenen Ausgabe der Nordamerika Nachrichten), gibt es vor allem an den selektiveren Hochschulen des Landes immer wieder Klagen, dass zu den mit Studiengebühren erkauften Ansprüchen der Studierenden auch gehöre, deutlich besser benotet zu werden als nur durchschnittlich.
An Princeton University, so der Beitrag, habe man ein Jahrzehnt lang versucht, gegenzusteuern und den Bewertern eine Begrenzung der zu vergebenen Spitzennoten nahegelegt. 2014 hätte dieser Versuch aber wegen zu vieler Klagen abgebrochen werden müssen und dem Ruf der Hochschule habe es wohl auch geschadet. Seither würden an Princeton die Noten wieder besser. Die Frage, ob dies überrasche, verneint Courant im Gespräch und ergänzt, dass es auch seitens der Departments an Hochschulen gute Gründe gäbe, sehr gute Noten zu verteilen, denn wo es sehr gute Noten gäbe, hielten sich Studierende sehr gerne auf. Dies sei noch bedenkenswerter als die vielfach vorgebrachte Kritik am Konsumentenverhalten der Studierenden gegenüber ihren Hochschulen. Es heißt: „But what I [Courant] think is worst about it is students take courses based on what sort of grade they’re going to get in them, because they think that grade-point averages are important. And that is a misuse of the wonderful things that universities can do.”
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Mit einem anderen Weg zu guten Noten befasst sich ein Beitrag in The Conversation, der beklagt, dass es kaum wissenschaftliche Untersuchungen zum Ausmaß von Täuschungen und Täuschungsversuchen an kanadischen Hochschulen gäbe. Was bislang vorliege, gäbe berechtigten Anlass zu Befürchtungen: „The last time large-scale research results were published was in 2006, and they showed that more than 50 per cent of undergraduate students had committed some form of academic misconduct. The survey was conducted at 11 Canadian higher education institutions (10 universities and one college) between January 2002 and March 2003. Respondents included more than 14,000 undergraduate students, over 1,300 graduate students and over 1,900 faculty members. One limitation of this study was that it relied on self-reported data.”
Im Zeitalter eines weltweiten und über das Internet verfügbaren Angebots zur Vortäuschung akademischer Leistungen (sog. „contract cheating”) im geschätzten Umfang von jährlich $1 Mrd. und angesichts der häufig an Hochschulen zu findenden entsprechenden Werbeaushänge, müsse man befürchten, dass die derzeit für Kanada veranschlagte Zahl von 3,5% unredlicher Studierenden vielleicht doch zu tief ansetzen würde. Es heißt: „A more recent study suggests that contract cheating is on the rise, with up to 15 per cent of students worldwide engaging in the practice, which would mean the estimate for Canada may be low.”
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Sie finden die zitierte Schätzung zum Ausmaß des Problems weltweit
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Grenzen freier Meinungsäußerung
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Derzeit kommt es an US-amerikanischen Hochschulen immer wieder zu Konflikten über die Reichweite des
„First Amendment to the United States Constitution”, in dem neben der Presse- und Versammlungsfreiheit auch das Recht auf freie Meinungsäußerung garantiert wird. Wir berichteten an dieser Stelle vor allem über Probleme im Zusammenhang mit der Einladung von auf Provokation angelegten Reden, derzeit in der Regel aus dem rechten politischen Spektrum, für die reklamiert wird, die intellektuelle Debatte zu bestimmten Themen zu bereichern, zu deren Durchführung dann aber oft aufwändige Sicherheitsmaßnahmen notwendig werden. Mit Hinweis auf die entstehenden Kosten oder mit Hinweis, dass eine sichere Durchführung der Veranstaltung nicht gewährleistet werden könne, haben Hochschulen gelegentlich einen für gangbar gehaltenen Weg gewählt, freilich nicht ohne sich Angriffen der US-Regierung auszusetzen, die darauf besteht, dass mit der Annahme öffentlicher Mittel auch die Verpflichtung einhergehe, Verfassungsrechte an Hochschulen zu garantieren.
Der Chronicle of Higher Education berichtet in dieser Woche von einem neuartigen Fall in dem Themenfeld, nämlich einer Klage gegen die University of Connecticut wegen Verletzung des First Amendments. Es heißt: „The suit comes amid growing debates over free speech on college campuses and as public universities have struggled to balance the traditional academic value of tolerance with the First Amendment rights of students, faculty members, and protesters.”
Die Hochschule habe zwei Studierenden das Wohnrecht in Studierendenwohnheimen auf dem Campus entzogen, nachdem ein Video bekannt geworden sei, in dem die beiden Studierenden rassistische Schimpfworte benutzt hätten. Dies würde auch nicht bestritten und die beiden Studierenden seien auch von den lokalen Behörden wegen Beleidigung zur Rechenschaft gezogen worden. Mit dem darauf erfolgten Verweis aus den Studierendenwohnheimen habe die Hochschule allerdings ihre Rechte überschritten, jedenfalls in den Augen der Kläger und der sie vertretenden Foundation for Individual Rights in Education (FIRE). Deren Anwalt wird mit den Worten zitiert: „There’s a common misconception that there is a hate-speech exception to the First Amendment. The First Amendment protects even the most deeply offensive speech, including racially offensive speech.”
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John J. Petillo ist seit 2010 Präsident der Sacred Heart University in Fairfield, Connecticut und der letztgenannte in einer Liste von 64 Präsidenten US-amerikanischer Privathochschulen, die laut Überblick im Chronicle of Higher Education 2017 ein Jahreseinkommen von mehr als $1 Mio. erzielten. Der Überblick umfasst insgesamt 560 private Hochschulen des Landes und wird derzeit angeführt von Ronald K. Machtley, der als Präsident der Bryant University 2017 auf knapp $6,3 Mio. Jahreseinkommen kam. Für alle, die es nicht nachschlagen wollen: Bryant University ist eine Einrichtung in Rhode Island mit etwas über 3.500 Studierenden; die Sacred Heart University zählt immerhin gut 8.000 Studierende.
Sie finden die Zahlen
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Die New York Times berichtet über die zum Teil noch andauernde juristische Aufarbeitung des jüngsten Skandals manipulierter Zulassungen von Kindern reicher bzw. einflussreicher Eltern an hochselektiven Colleges des Landes und beschreibt dabei auch die unrühmliche Rolle der Hochschulen. Im prominenten Fall der erkauften Zulassung der Tochter von Lori Loughlin und Mossimo Giannulli an der University of Southern California (USC) würde in einem vermutlich anstehenden Gerichtsverfahren sicherlich auch die an der USC praktizierte Vermischung von Zulassungsentscheidungen und Einsammeln von Spenden beleuchtet werden. Dies könne den Strafverfahren die Grundlage entziehen, denn sie beruhten auf einem Betrugsvorwurf. Dieser wäre hinfällig, wenn, wie es derzeit von den Beschuldigten vorgetragen würde, die Hochschule genau dies angeboten hätte, nämlich eine Bevorzugung bei der Zulassung im Gegenzug zu Spenden.
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Inside Higher Education berichtet von einer Einschätzung des Problems der Studienschulden durch Moody’s Investors Service und berichtet, dass lediglich 51% der Schuldner, deren Rückzahlungsverpflichtungen vor acht bis zehn Jahren begonnen hätten, fünf Jahre nach Beginn der Verpflichtung überhaupt keinen Cent ihrer Schulden hätten abtragen können. Es heißt: „Expansion of income-driven repayment plans and borrowers choosing long repayment terms helped to contribute to the slow pace.” Es heißt weiter, dass die mit den Studienschulden einhergehende Verzögerung des ökonomischen Aufblühens von Hochschulabsolventen einen deutlich negativen Effekt auf die gesamte Volkswirtschaft habe.
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Nach drei vergeblichen Anläufen seit 2013, so eine Meldung der CBC, McGill University zu einem Ausstieg aus Investitionen in fossile Energien zu bewegen, habe ein dort entfristeter Professor für Biologie und Umweltethik nun resigniert und gekündigt. Es heißt zur Haltung der Hochschulleitung: „Early in December, McGill announced it would not sell off all stocks and investments in fossil fuel companies, despite demands for full divestment from staff, faculty, and students.”
Sie finden die Meldung
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CBC befasst sich mit Reaktionen von Studierenden und Hochschulen in der kanadischen Provinz Alberta auf die Pläne der dortigen Regierung, die Finanzierungsanteile an der Hochschulbildung etwas umzuschichten, den Anteil öffentlicher Mittel von derzeit 50% auf 45% zu senken und entsprechend den Deckungsbeitrag der Studierenden über Studiengebühren von derzeit 20% auf 25% anzuheben. Seitens der Studierenden gäbe es lediglich einen Vorbehalt: „While student leaders with the Council of Alberta University Students (CAUS) are optimistic about a new model, they’re cautious, not wanting to create a system that may disadvantage learners based on school choice.”
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Der Calgary Herald zeichnet ein differenzierteres Bild der Reaktionen von Studierenden der dortigen University of Calgary (U of C) und zitiert Dru Marshall, den Provost der Hochschule, mit den Worten: „We have 34,000 students on our campus and I think we have 34,000 versions of what they might think about this tuition increase. We’ve received a lot of feedback from students who are OK with the tuition increase, but you certainly heard a vocal minority today and what I would say is these were very carefully considered. We worked very closely with student leaders.”
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Mit 30 Mio. bzw. 40 Mio. Einwohnern sind Texas und Kalifornien die beiden bevölkerungsreichsten Bundesstaaten der USA und entsprechend groß genug, jeweils eigene Märkte darzustellen. Ein Beitrag der New York Times belegt, wie sich dies (und freilich auch das zum Teil sehr verschiedene politische Klima in Texas und Kalifornien) auf gängige Schulbücher für Geschichte und Gemeinschaftskunde auswirkt, deren verschiedene Ausgaben auf das jeweils vorherrschende Klima zugeschnitten seien. Es heißt: „Hundreds of differences – some subtle, others extensive – emerged in a New York Times analysis of eight commonly used American history textbooks in California and Texas.”
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Die New York Times befasst sich mit den zunehmenden Problemen von marktbeherrschenden Technologiefirmen wie Google oder Facebook, wie bislang gewohnt sich die besten Absolventen von US-amerikanischen Hochschulen aussuchen zu können. Es heißt: „The share of Americans who believe that technology companies have a positive impact on society has dropped from 71 percent in 2015 to 50 percent in 2019, according to a 2019 Pew Research Center survey.” Verglichen mit Bereichen wie Investment Banking hätten Firmen wie Facebook deutlich weitreichendere Auswirkungen auf soziale Gefüge und die bislang noch geltende Unschuldsvermutung gegenüber Motiven großer Tech-Firmen habe in den vergangen Jahren deutlich gelitten.
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