Ausgabe ___ | March 29 2017
15.06.2020
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Die Themen dieser Woche:

  • „11 Innovative Ideas for Higher Education“
  • Covid-19 und Hochschulen
  • Was muss der Provost einer US-Hochschule können?
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,
 
in dieser Ausgabe befassen wir uns mit „elf innovativen Ideen für Hochschulen” und weiterhin mit Nachrichten im direkten Kontext von Covid-19. Wir werfen zudem einen Blick auf die Kernkompetenzen eines Provosts an einer nordamerikanischen Hochschule und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre, Gesundheit, Geduld und Zuversicht.
 
Stefan Altevogt
„11 Innovative Ideas for Higher Education“
Unter dem Titel „11 Innovative Ideas for Higher Education“ hatte Inside Higher Education in der vergangenen Woche zu einem Webinar mit Brandon Busteed eingeladen. Busteed ist Mitglied im Vorstand der Firma Kaplan und dort zuständig für die Beratung von Hochschulen. Kaplan selbst ist allerdings nicht nur eine im Bildungssektor tätige Unternehmensberatung, sondern verdient ihr Geld auch mit gewinnorientierten Bildungsdienstleistungen, Testvorbereitung und Studierendenrekrutierung.
Moderiert von Scott Jaschik ging Busteed auf elf Themenkomplexe ein, in denen die Veränderungsdynamiken seiner Einschätzung nach am größten seien und die für Hochschulen etwas seien, wovon man in Deutschland mit Bezug auf Hochschulen nicht so häufig spricht, nämlich „mission driven revenue sources“.
Zentrale Aufgabe einer erfolgreichen Hochschule der Zukunft seien im Hinblick auf die grundständige Ausbildung sog. „Triple Threat Graduates“, ein aus dem modernen Basketball entlehnter Begriff. Dort könnten erfolgreiche Spieler gleichermaßen erfolgreich zum Korb dribbeln, von außen werfen oder passen, seien also für den Gegner kaum noch auszurechnen. Übertragen auf Hochschulbildung heiße dies, erfolgreiche Absolventen hätten ein Berufspraktikum absolviert, wenigstens ein längerfristiges Studienprojekt bewältigt und seien in Besitz eines von der Industrie gewertschätzten Abschlusszeugnisses. Drastisch gestiegenen Kosten für ein Hochschulstudium müsse entsprechender Nutzen an die Seite gestellt werden, denn die Bedrohung der Hochschullandschaft käme vor allem aus einer Richtung: Es bestehe bei weitem kein Konsens mehr darüber, dass Hochschulen junge Menschen adäquat auf das Berufsleben vorbereiteten. Busteed zitiert hier die Zahlen 13% und 11%, dass nämlich 13% in der allgemeinen Bevölkerung dieses Hochschulziel gegenwärtig für erreicht halten und 11% der Führungskräfte in der Industrie. Unter Mitgliedern von Aufsichtsgremien von Hochschulen seien es mit 6% noch weniger, vielleicht ja schon ein Ausdruck von Problembewusstsein.
Auf die Frage, wie Hochschulen ihre jeweiligen Bildungsangebote erfolgreich vermarkten könnten, schlägt Busteed zwei Dinge vor. Zum einen sollten – wie es bei Anträgen internationaler Studierender derzeit zu beoachten sei – Zulassungsentscheidungen innerhalb von 24 bis 48 Stunden mitgeteilt würden, selbst wenn dies einen Dreischichtbetrieb rund um die Uhr in den entsprechenden Abteilungen der Hochschulen erfordere. Zum anderen sollte man das aus der Studierendenbetreuung bereits bekannte „Buddy-System“ auch bei der Anwerbung von Studierenden nutzen, also bereits eingeschriebene Studierende mit Interessenten so zu verknüpfen, dass erstere letzteren – zwar in der Regel virtuell, aber nichtsdestotrotz persönlich – sagen und zeigen können, wie es an der jeweiligen Hochschule abläuft.
Hochschulen könnten sich auch darüber Gedanken machen, wie man das noch weit verbreitete Gap Year zwischen Ober- und Hochschule in die terziäre Ausbildung integrieren und wie man die Bachelor-Ausbildung auf drei Jahre komprimieren und dadurch auch weniger teuer machen könne. Die dann in den Budgets fehlenden Einnahmen könne man auch an anderer Stelle erzielen, nämlich mit berufsbegleitenden sog. „Evergreen Degrees“ oder auch mit lebensbegleitenden Fernstudienangeboten, die allerdings qualitativ so gestaltet sein müssten, dass sie der „Marke“ der jeweiligen Hochschule eher nutzten als schadeten. Bei den „Evergreen Degrees“ könnten Hochschulen die von Unternehmen derzeit tolerierten Weiterbildungskosten für ihre Beschäftigten durch umfassende Programmangebote so auf sich zufließen lassen, wie es etwa bei der Undergraduate-Ausbildung im Abkommen zwischen Starbucks und der Arizona State University gelungen sei. Dann sei der Weg zu einer „Employer University“ nicht mehr so weit, einer Hochschule also, die wenn nicht in allen, so doch in den allermeisten Bildungsfragen die erste Adresse eines erfolgreichen internationalen Unternehmens sei. (Wer möchte da nicht zum Beispiel die Employer U von Apple oder Microsoft werden?)
Hochschulen könnten und sollten schließlich enger miteinander zusammenarbeiten, was in den administrativen Bereichen und bei unterstützenden Dienstleistungen als „Shared Services“ auf vermutlich weniger Widerstand an den einzelnen Hochschulen stoßen werde, als etwa in Teilen des Kerngeschäfts, nämlich bei der Entwicklung der Curricula und ihrer Vermittlung. Auf die Nachfrage, wie Fakultätsmitglieder davon überzeugt werden könnten, antwortet Busteed mit einer Erfahrung aus dem internationalen Angebot der von ihm besuchten Hochschule: „I don‘t see why that wouldn‘t be an exciting opportunity, especially the idea of being able to potentially teach students from a collection of different institutions, you know, I think when I studied abroad. I was in a program where there were students from four different universities in the same program. It was really exciting, both for the students and the faculty that were part of it. There was a faculty member from each school and (...) those interactions were just really, really fun and intellectually engaging.“
 
Sie finden das Video und Transcript des Webinars hier.
Covid-19 und Hochschulen
Ein Beitrag befasst sich im Chronicle of Higher Education mit den Plänen der 26 öffentlich finanzierten Hochschulen im US-Bundesstaat Georgia, beim gerade angelaufenen „Return to Campus“ und dem für das im September beginnende Wintersemester zwar das Tragen von Schutzmasken zu empfehlen, aber nicht verbindlich vorzuschreiben. Die Haltung werde als Ausdruck eher politischer denn epidemiologischer Überzeugung gewertet: „Mask-wearing has emerged as a political wedge across the country, in part because of President Trump‘s refusal to cover his own face in public settings.“

Sie finden den Beitrag hier.
Sie finden die Richtlinien für den „Return to Campus“ hier .

Die Hochschulen der kanadischen Provinz Ontario haben ihre Pläne vorgelegt, nach denen sie schrittweise ihre „Rückkehr zur Normalität“ vollziehen wollen. Es heißt in einer Presseerklärung des Bildungsministeriums: „Starting in July 2020, limited in-person education and training may restart for students who were not able to graduate due to COVID-19 closures. This first phase will allow institutions to reopen to provide in-person instruction to students in essential, frontline, and high labour market demand areas, such as nursing, personal support workers, engineering, and other critical professions. Thousands of students across the province could benefit from this summer‘s reopening. In September, all students will have the opportunity to attend postsecondary education through virtual learning, in-class instruction, or hybrid formats.“
 
Sie finden die Presseerklärung hier.

The Globe and Mail meldet Bewerberzahlen für die Studienplätze an den Hochschulen in Ontario, die im Vergleich zur Zeit vor Covid-19 annähernd gleich stark geblieben seien. Es heißt: „The first published data on confirmed offers of acceptance at Ontario universities show almost no difference between this year and last year, although there are sharp contrasts among schools. Queen’s University and Western show large increases among incoming Ontario high school students, while some universities in Northern Ontario and outside the Greater Toronto Area are seeing declines. Even the numbers of international students, who would face significant hurdles getting to Canada but can enroll online from their home countries, seem to be holding steady in comparison with last year.”

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Die Ontario Colleges Athletic Association (OCAA) rechnet nicht mehr mit einer Wiederaufnahme des Hochschulsports in diesem Jahr und zitiert ihren Präsidenten in einer Presseerklärung mit den Worten: „The safety of the entire OCAA membership and our participants is our top priority, but we understand and share the deep disappointment this especially causes for our 4,000 student-athletes. We will get through this, and when we resume competition, the viability of the OCAA will be more important than ever before in uniting both our campuses and communities together in sport.“
 
Sie finden diese Presseerklärung hier.

Die Mellon Foundation wird die Ausschüttungen an gemeinnützige und in den Arts and Humanities tätige Einrichtungen in diesem Jahr wegen Covid-19 von $300 Mio. auf $500 Mio. erhöhen und schreibt in einer entsprechenden Presseerklärung: „Mellon’s commitment comes as part of a broader partnership between major U.S. foundations – Doris Duke Charitable Foundation, Ford Foundation, W.K. Kellogg Foundation, and John D. & Catherine T. MacArthur Foundation – designed to activate over $1.7 billion in enhanced grantmaking to support struggling nonprofits.”

Sie finden diese Presseerklärung hier.
Was muss der Provost einer US-Hochschule können?
 
Ein Beitrag von Richard Badenhausen befasst sich im Chronicle of Higher Education mit einem Szenario, das der Autor aus jüngster eigener Anschauung kennengelernt habe: Sie sind erfolgreicher Dean an einer US-amerikanischen Hochschule und fühlen sich zu Höherem berufen. Welche zwölf zum Teil „tough questions“ sollten Sie beantworten können, bevor Sie Ihren Hut in den Ring werfen, Fragen des Härtegrads: „Do you enjoy hanging out with lawyers?“
Als Provost müsse man Generalist sein und dürfe sich daher nicht erkennbar unwohl fühlen, wenn man keine bis nur wenig Ahnung von den zahlreichen Themen habe, die einem im Alltag begegneten. Als Provost müsse man sich entschuldigen können, denn die Situationen, in denen ein mea culpa der einzige Ausweg seien, gehörten in für Laien erstaunlichem Umfang zur Arbeitszeit. Man müsse „Nein“ sagen und auch unpopuläre Entscheidungen treffen und vertreten können, manchmal so unpopulär, dass die betreffende Frage lautet: „How strong is your stomach?“ Ein so starker Magen, dass es zum Diktator reiche, dann aber auch wieder nicht, denn: „To be a successful provost, you must live with the faculty handbook under your pillow and be willing to converse with faculty leaders openly, often, and with sincerity on topics related to campus governance.“
Wem die Wörter „Feierabend, Wochenenden und Urlaub“ nichts sagten, wer die Gabe habe, sich erfolgreich mit Studierenden und ihren Verfasstheiten herumzuschlagen und wer trotz gestiegener Machtfülle nicht beratungsresistent würde, der könne schließlich ohne Reue seinem beruflichen Ehrgeiz freien Lauf lassen.
Der Beitrag solle aber keinesfalls als Abschreckung vor beruflichem Ehrgeiz verstanden werden, denn es gäbe über die Tatsache der gestiegenen Machtfülle hinaus durchaus nennenswerte Pluspunkte für die Position des Provosts, darunter: „Your jokes in meetings instantly become funnier as soon as you assume the provost title.“
 
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Kurznachrichten
Inside Higher Education meldet eine Initiative von mehr als der Hälfte der 115 öffentlich finanzierten Community Colleges in Kalifornien, mit einer „California Community College Equity Leadership Alliance“ stärker für die Belange benachteiligter Minoritäten einzutreten, und schreibt: „With the resources provided through the alliance, the goal is to break down systemically racist structures by training members of various parts of the campuses on how to fight against implicit bias and obvious racist practices.“

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CBC meldet die Absicht der Regierung der kanadischen Provinz Manitoba, gemeinnützigen Arbeitgebern die Einstellung von Studierenden über den Sommer mit Subventionen von Can$ 6.000 schmackhaft zu machen. Es heißt: „Manitoba charities and non-profit organizations are now eligible for thousands of dollars if they hire at least one student under the province's wage subsidy program. Premier Brian Pallister announced Tuesday that his government is trying to stimulate job creation by making $6,000 in financial aid available to these organizations.“

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Inside Higher Education meldet den Abbruch der Verhandlungen zwischen dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) und dem wissenschaftlichen Verlag Elsevier über neue Rahmenbedingungen für den Bezug der fast 700 Publikationen des Verlags und schreibt: „MIT joins a growing number of institutions that have decided to walk away from negotiations with the publisher, including the University of California system, the University of North Carolina at Chapel Hill and the State University of New York system.“
 
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MIT, Stanford, Harvard, Caltech, Oxford, so der gewohnte Zieleinlauf bei der neuen Ausgabe des weltweiten Rankings von Quacquarelli Symonds (QS) in Zusammenarbeit mit Times Higher Education (THE). In Kanada freut man sich, dass es wieder sieben Hochschulen des Landes unter die ersten 200 geschafft haben. Im Nachrichtenticker der Academica Group heißt es: „The institutions that charted in the top 200 include the University of Toronto (25), McGill University (31), the University of British Columbia (45), the Université de Montréal (118), the University of Alberta (119), McMaster University (144), and the University of Waterloo (166).“
 
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