Ausgabe ___ | March 29 2017
Nordamerika Nachrichten
Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
Die Themen dieser Woche:

  • Covid-19 und Hochschulen
  • Inside Higher Education: Umfrage zur Krise
  • „Culture Wars” in der US-amerikanischen Hochschullandschaft
  • Kurznachrichten
Liebe Leserinnen und Leser,
 
in dieser Ausgabe befassen wir uns mit verschiedenen Hochschulnachrichten im Zusammenhang der Coronavirus-Krise und mit einer aktuelle Umfrage von Inside Higher Education unter Hochschulleitungen. Wir werfen zudem einen Blick auf einen anscheinend derzeit seltsam aus der Zeit gefallen Beitrag des Chronicle of Higher Education zu den „Culture Wars” in der US-amerikanischen Hochschullandschaft und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und in diesen Wochen zudem Gesundheit und Zuversicht.
 
Stefan Altevogt
Covid-19 und Hochschulen
Der Chronicle of Higher Education befasst sich mit den finanziellen Folgen des absehbaren Kollapses bundesstaatlicher Haushalte auf die Budgets öffentlich finanzierter Hochschulen und wirft mit der Situation in Kalifornien einen Blick auf die größte öffentlich finanzierte Landschaft in den USA. Die dortigen Colleges und Universitäten der drei Systeme (University of California, California State University und wegen anderer Finanzierungsquellen mit Abstrichen auch das California Community College System) hätten vom Finanzministerium bereits Schreiben mit der Nachricht erhalten, dass angesichts der Krise stark priorisiert werden müsse und dass mit der Hochschulfinanzierung nicht in zu Jahresbeginn geplantem Umfang gerechnet werden könne. [Stand Sonntagmorgen war Kalifornien mit 5.500 Covid-19-Fällen bei landesweit 123.000 Fällen noch deutlich weniger betroffen als etwa New York, das bei etwa 2/3 der Bevölkerung Kaliforniens mehr als 53.000 Fälle zählte.]

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Ein Beitrag befasst sich in der New York Times mit den die Hochschulen betreffenden Aspekte innerhalb des insgesamt $2 Bio. umfassenden Sonderprogramms der US-amerikanischen Bundesregierung zur Bewältigung der Coronavirus-Krise. Es heißt: „The $2 trillion stimulus package passed by the Senate on Wednesday will send about $14 billion to colleges and universities that are hemorrhaging money as they close their campuses and try to stay afloat with distance learning. But higher education leaders say that is far short of what they need in the face of an education crisis that is greater than any they have faced in a generation.”
 
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Global News meldet die Verabschiedung eines insgesamt Can$ 56 Mrd. umfassenden Haushalts in der kanadischen Provinz Alberta, in den sowohl Sondermittel zur Bewältigung der Convid-19-Krise in Höhe von Can$ 500 Mio. als auch Kürzungen der Zuwendungen für die öffentlichen Hochschulen eingeschrieben seien. Premier Jason Kenney wird zu der besonderen Situation im erdölreichen Alberta mit den Worten zitiert: „Kenney said because so much has changed since the budget – aimed at balancing the books in three years – was presented three weeks ago, the government will be working on a revised fiscal plan in light of the ever-changing health situation and the reality of plummeting oil prices and the international recession.”
 
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Im Rahmen des nun verabschiedeten Provinzhaushalts werde die University of Alberta in diesem Jahr einer Meldung auf CBC News zufolge Can$ 110 Mio. weniger aus der öffentlichen Hand erhalten und entsprechend drängend und umfangreich seien dort die Maßnahmen zur Entlassung von Hochschulmitarbeitern geworden. Es heißt: „The university – in the face of significant government funding cuts and pressure to balance its deficit-plagued budget – eliminated 400 positions earlier this month.The university plans to cut at least 600 more positions in the coming year. In an open letter to the university Tuesday, the cuts are condemned by five groups: the academic and non-academic staff associations, the students' union and the graduate students' and post-doctoral fellows associations.”
 
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Die New York Times meldet die Vorziehung von Studienabschlüssen an medizinischen Hochschulen in Massachusetts und New York, damit mehr Personal für die Bewältigung des erwarteten bzw. bereits im Gange befindlichen Ansturms auf die Krankenhäuser zur Verfügung stünde. Es heißt zum derzeit mit 4.200 Fällen betroffenen Massachusetts: „The state would provide 90-day provisional licenses for early graduates, allowing almost automatic entry into clinical work. The move would make some 700 medical students in Massachusetts eligible to offer patient care at least eight weeks earlier than expected.”
 
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CBC News meldet die Entscheidung der kanadischen Bundesregierung, den Schuldendienst für Studienschulden wegen der Krise für sechs Monate auszusetzen, und schreibt: „The sweeping loan holiday applies only to the federal student debt portion, and Wednesday’s announcement does not address any provincial or territorial payments to private financial institutions. Canadians won't need to apply for this payment pause; it will be automatic. Alternatively, borrowers can keep up with their payments if they choose.”

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Radio Canada meldet die Einrichtung eines Notfall-Fonds an der Université Laval zur Unterstützung des Teils ihrer 45.000 Studierenden, die wegen der Krise ihre studienbegleitdendn Arbeitsplätze auf dem Campus und in der lokalen Wirtschaft verloren hätten. Dazu wolle die Präsidentin, Sophie D’Amours, auch Spenden einsammeln. Sie betone aber auch, dass Mittel aus dem Fond nur den Studierenden zur Verfügung stünden, deren möglichen anderen Hilfsquellen erschöpft seien.

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Inside Higher Education meldet, dass die derzeit für Unterrichtszwecke weithin genutzte Online Plattform Zoom nicht unverwundbar gegenüber Hacker-Attacken sei und dass die sehr populäre Einblendung von elektronisch zur Verfügung gestellten Hintergründen auch von dritter Seite mit ablenkenden bis widerwärtigen Inhalten befüllt werden könne. „Zoombombing”, so er dafür bereits etablierte Fachbegriff, sei derzeit nach Einschätzung der Firma Zoom auch deshalb so weit verbreitet, weil Fakultätsmitglieder noch unerfahren bei der Nutzung der Plattform zu Unterrichtszwecken seien. Brian Kelly von der Firma Educause wird dazu mit den Worten zitiert: „A professor may not have used it to teach class; they may have used it with colleagues. It’s new ways of using it that require taking a little bit more time and being a bit more thoughtful about how we’re configuring Zoom.”

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Inside Higher Education: Umfrage zur Krise
Gemeinsam mit Hanover Research hatte Inside Higher Education in der vergangenen Woche aus aktuellem Anlass zahlreiche Hochschulleitungen in den USA angeschrieben und jetzt die 172 Antworten zu einem Umfrageergebnis mit dem Titel „Responding to the COVID-19 Crisis: A Survey of College and University Presidents” zusammengefasst. In dem begleitenden Beitrag heißt es: „College and university presidents are deeply worried that the coronavirus crisis could wreak havoc on their institutions’ finances in the near term [87%] and, especially, beyond [89%]. But right now, they say they’re most concerned about the toll the crisis could take on the mental health of their students [92%] and employees [88%].”
98% der Befragten hätten angegeben, den überwiegenden Anteil des Unterrichts auf elektronische Plattformen verlagert zu haben, 95% hätten internationale Reisetätigkeiten für Fakultätsmitglieder eingestellt, 89% internationale Aktivitäten ihrer Studierenden beschränkt, 79% hätten ihre Sportprogramme eingestellt und bei 51% sei die Mehrzahl der Hochschulgebäude geschlossen.
Interessant sind auch die Antworten auf die Frage, wann wieder mit traditionellen Unterrichtsformen zu rechnen sei. Mit 41% war sich eine relative Mehrheit diesbezüglich unschlüssig, gefolgt von 31%, die für den Beginn des Herbstsemesters von einer „Normalisierung” ausgehen. Von einer „Normalisierung” Ende März (2020 wohlgemerkt) gingen immerhin noch insgesamt 5% der Befragten aus, bei öffentlich finanzierten Colleges 7% und bei Community Colleges gar 10%, was eine Idee davon vermittelt, wie jeweils schlecht der jeweilige „Ausnahmezustand” funktioniert.
Die langfristigen Perspektiven der Hochschulen seien derzeit deutlich verdunkelt, 89% sähen die finanzielle Stabilität gefährdet, 88% befürchteten einen Rückgang von Studierendenzahlen, 81% führchteten sich vor den nicht mehr zu finanzierenden Lohnkosten und aktuell seien 62% besorgt wegen möglicher Rückforderungen von Studierenden für Tuition, Room and Board. Nur 16% machten sich allerdings derzeit Sorgen, ihre jeweiligen Fakultätsmitglieder beisammen halten zu können.
Wie bei öffentlich finanzierten Einrichtungen wohl nicht anders zu erwarten (und man muss wegen der öffentlichen Finanzierung von Studienbeihilfen hierzu auch die Privaten rechnen, die ja auch unter Bestimmungen des Higher Education Act fallen), sind die Prioritäten der Erwartungen an die öffentliche Hand, die sich wie folgt sortierten (bis zu drei Antworten waren zugelassen): 89% der Befragten würden gerne aus öffentlichen Mitteln für die Verluste im Zusammenhang mit der Coronavirus-Krise kompensiert werden, 71% wünschen sich weniger Regulierungen beim Umgang mit öffentlichen Mitteln und 37% wollen einen erleichterten Zugang zu Überbrückungskrediten. Nur 14% wünschten sich hingegen Hilfe bei der Rekrutierung internationaler Studierender etwa durch Vereinfachung von Visabestimmungen.

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Sie finden die Umfrageergebnisse hier.
„Culture Wars” in der US-amerikanischen Hochschullandschaft
Ein der bis zur Coronavirus-Krise immer wieder in den oberen Schlagzeilen der Fachpresse auftauchendes Thema war das der sog. „Culture Wars” an US-amerikanischen Hochschulen, also der zurzeit zu beobachtende Versuch konservativer Kräfte, die als auf „liberalen Irrwegen befindlich” empfundene Kultur an den Hochschulen zu verändern, und entsprechend die verschiedenen Verteidigungsmodi der Hochschulen auf diese Versuche.
Ein Beitrag im Chronicle of Higher Education widmete sich in der vergangenen Woche dieser Auseinandersetzung mit einem Beispiel aus South Dakota. Man habe dort an der öffentlich finanzierten University of South Dakota gerade noch den Versuch der konservativen Mehrheit in der bundesstaatlichen Regierung und beim Gesetzgeber abwenden können, die sich mit Hilfe eine „intellectual diversity bill” direkt in die Lehrpläne an der Hochschule hätten einschalten wollen.
Unwissend um die Sensibilität des Themas habe man an der Law School dann aber einen Eiertanz um die Bezeichnung einer Festlichkeit aufgeführt. Man habe die ursprünglich gewählte Bezeichnung „Hawaiian Day” unter dem Druck aufgegeben, jemand könne sich durch die Bezeichnung beleidigt fühlen und in „Beach Day” umbenannt [auch nicht ganz ohne Fallstricke, denn Strände wünscht man sich gerne weiß]. Wie dem auch sei: „The facts of the case didn’t matter much. Perception was reality, and Sheila K. Gestring, the university’s president, seemed to understand that as well as anybody.”
Das Timing der Bennenungsdebatte einer Party habe kaum schlechter sein können, denn die soeben noch abgewendet geglaubte Einmischung der Politik in die Freiheit der Lehre an der Hochschule sei danach wieder aufgewärmt worden. Es heißt: „Within a few weeks, South Dakota passed a free-speech and intellectual-diversity bill, requiring public universities to report on their efforts to even the ideological scales on campus. After the bill passed, Sue Peterson, a Republican sponsor of the legislation, told The College Fix, a conservative website, that the bill was a blow to the ‘national epidemic’ of leftist bias in higher education. The Hawaiian Day debacle, which played out a year ago, was an inflection point in a long-running push-and-pull that continues between South Dakota’s legislature and its six public universities, which serve about 35,000 students.”
Das Beispiel aus South Dakota sei insofern auch bemerkenswert, als es die Geschichte von der lokalen Berichterstattung im Argus Leader [das ist der Generalanzeiger in Sioux Falls] rasch in die breitere Öffentlichkeit von Fox News geschafft habe, und das sei für Hochschulen in der Regel keine gute Nachricht.

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Kurznachrichten
Der Chronicle of Higher Education meldet eine außergerichtliche und für die Hochschule $9,4 Mio. teure Einigung zwischen der University of Rochester und einer Gruppe von neun ehemaligen Fakultätsmitgliedern und Studierenden in einem seit 2017 schwelenden Rechtsstreit hinsichtlich des Umgangs der Hochschule mit Vorwürfen sexuellen Fehlverhaltens (Title IX).
 
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Inside Higher Education meldet den Abschluss einer sechsjährigen Untersuchung der Pennsylvania State University durch das US Department of Education (DOE) zur ihren Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit dem Skandal um Jerry Sandusky, den ehemaligen Football Coach. Es heißt: Penn State ‘has not adequately addressed its failures in the wake of the Sandusky scandal’, wrote Carol Ashley, enforcement director for OCR [Office for Civil Rights im DOE], in a March 26 letter to President Eric Barron. Ashley outlined Penn State’s noncompliance with Title IX, the law prohibiting sex discrimination in education institutions that receive federal funding. Penn State’s practices have violated the rights of both complainants and respondents in cases of alleged sexual misconduct, Ashley wrote.”

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Inside Higher Education meldet die Schließung des MacMurray College, einem Liberal Arts College in Illinois mit 174-jähriger Geschichte, und schreibt: „The small private college’s board decided it had no viable financial path for the future. Leaders cited declining enrollment, rising costs and an endowment they called insufficient. (…) The new coronavirus and the economic pain it’s causing across the country were not the main driver behind the closure.”

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Der Chronicle of Higher Education gibt in seiner Rubrik „Advice Finder” einen recht guten Überblick über die Themen, die die US-amerikanischen Hochschullandschaft derzeit bewegen, Themen wie Adjuncts, Diversity, Enrollment, Mental Health, Student Success, Teaching, Tenure, und Title IX. Dort wird auch ($99 in elektronischer Form) eine vierbändige Schriftenreihe unter dem Titel „The Chronicle Productivity Guide” angeboten.

Sie finden den Advice Finder hier.