Dieser Newsletter informiert deutschsprachige Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends im Hochschulwesen der USA und Kanada.
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Die Themen dieser Woche:
- Akademische Integrität
- Wie lassen sich Hochschul-Departments „vermarkten"?
- Schuldenerlass für US-amerikanische Hochschulabsolventen
- Kurznachrichten
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Liebe Leserinnen und Leser,
in dieser Ausgabe befassen wir uns mit Problemen von Hochschulen bei der Gewährleistung akademischer Integrität und mit der Frage, wie Departments an Hochschulen den Studierenden möglichst attraktive Angebote machen können. Wir werfen zudem einen Blick auf die Karriere der Forderung eines weitreichenden Schuldenerlasses für US-amerikanische Hochschulabsolventen in den vergangenen neuen Jahren und schließlich auf verschiedene Kurznachrichten der Woche.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.
Stefan Altevogt
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Hochschulbildung hat in den USA einen zunehmend transaktionalen Aspekt, der nicht immer konform ist mit dem Ethos akademischer Integrität. Bislang ist Hochschulbildung vor allem Privatsache, man „erkauft” sich über Studiengebühren eine gute Bildung, die sich ihrerseits positiv im jeweiligen Einkommensintegral niederschlägt.
Der Chronicle of Higher Education brachte bereits im August 2016 einen Beitrag über das Hase-und-Igel-Spiel zwischen Anbietern akademischer Betrugshilfen und Hochschulen, deren Ruf unter nachlassender akademischer Integrität zu leiden drohe. Es hieß seinerzeit: „As cheating companies expand their reach, colleges have little incentive to slow their growth. There’s no money in catching the cheaters. But there’s a lot of money in upping enrollment.”
Die Entwicklung des „cheating business” habe in den vergangenen Jahren rasant an Tempo gewonnen. Seien es zunächst nur Hausarbeiten gewesen, die man sich gegen Geld vom Internet habe herunterladen können, um sie als eigene Arbeiten anzubieten, seien mittlerweile ganze Kurse „käuflich” – hier vor allem im dynamischen Bereich der Fernstudiengänge – und prinizpiell sollte es dann auch nicht mehr schwierig sein, einen kompletten Studienabschluss zu „kaufen”. Hierzu heißt es: „The whole-class market is maturing fast. More than a dozen websites now specialize in taking entire online courses, including BoostMyGrade.com, OnlineClassHelp.com, and TakeYourClass.com. One of them, NoNeedtoStudy.com, advertises that it has completed courses for more than 11,000 students at such colleges as Duke, Michigan State, even Harvard.”
Hätten sich Hochschulen in den Anfangsjahren noch mit vergleichsweise kostengünstigen Software-Hilfsmitteln wie Turn-it-in helfen können, sei die „cheating industry” mittlerweile so gereift, dass das „Nicht-auffliegen” durchaus Teil des vereinbarten Dienstleistungsumfangs sein könne. An den Hochschulen, so das International Center for Academic Integrity, habe man vom Umfang des Problems noch kaum eine Ahnung.
Sie finden den Beitrag
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Sie finden das International Center for Academic Integrity
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Ein weiterer Beitrag befasst sich im Chronicle of Higher Education mit der Strategie an einigen Hochschulen, durch eine sog. „regret clause” schummelnden Studierenden die Einhaltung der Prinzipien akademischer Integrität zu erleichtern. Im Regelfall drohten bei entdeckten Verstößen gegen die Prinzipien strenge disziplinarische Strafen, doch solle reumütigen Delinquenten der Weg zur Fortsetzung ihres Studiums nicht grundsätzlich verwehrt werden. Wer sich im Einführungskurs Informatik bei David Malan an Harvard University im Falle eines Verstoßes gegen die Regeln innerhalb von 72 Stunden schuldig bekenne, müsse zwar den Kurs wiederholen, würde aber darüber hinaus nicht weiter disziplinarisch belangt.
An anderen Hochschulen würde diese Strategie kopiert, denn sie reagiere auf zweierlei. Zum einen sei es nachvollziehbar, dass in Zeiten erhöhten Prüfungsstresses in den Augen der Studierenden die Grenzen zwischen zulässiger Zusammenarbeit und Verstoß gegen die Regeln akademischer Integrität verschwimmen würden, zum anderen sähen sich die Lehrenden vor allem in ihrer Funktion gefordert, akademische Lücken zu erkennen und zu schließen, nicht polizeiliche Aufgaben an den Hochschulen zu übernehmen. Shriram Krishnamurthi, Informatik-Professor an Brown University und überzeugt von der Wirksamkeit von „regret clauses”, wird dazu mit den Worten zitiert: „I’ve also come to realize I’d much rather spend my time on the students who need help than 10 times that time documenting plagiarizing cases. Many faculty feel a certain degree of fatigue and pointlessness to reporting, and remind themselves they took up this job to teach and grow students, not to join a police department.”
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In einem weiteren Beitrag des Chronicle of Higher Education fragt Beth McMurtrie: „What Happens When You Give Students Control of the Syllabus?” Würde man Studierenden bei der Zusammenstellung ihrer Lehrpläne ein Mitbestimmungsrecht einräumen, so der Tenor des Beitrags, würde sich die Einstellung der Studierenden zum Lernstoff ebenso verbessern, wie das Vertrauen der Lehrenden in die akademische Integrität der Studierenden. Es heißt: „While a negotiated curriculum might not work for every subject, professors should think about how they can give students more agency to activate their innate curiosity.”
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Der Beitrag ist Teil eines der Lehre gewidmeten, wöchentlichen Newsletters des Chronicle. Eintrag in den Verteiler finden Sie
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Wie lassen sich Hochschul-Departments „vermarkten”?
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Die einfache und zynische Antwort auf die Frage, was ein Department für eine Mehrzahl von Studierenden attraktiv mache, ist: sehr gute Noten bei überschaubarem Aufwand.
An einer aufwändigeren Antwort versucht sich ein Beitrag im Chronicle of Higher Education unter der Überschrift „The (Not-So-)Secret Way to Attract Majors to Your Department” und bietet einen Dreischritt an, der sicherstellen solle, dass die Klassen gut gefüllt und das Überleben des Departments in einem sich verschärfenden Wettbewerb um Studierende sicherzustellen. Der Autor des Beitrags, Andre P. Audette vom Monmouth College in Illinois, schreibt: „These are precarious times in academe. Budgets are being slashed. Fewer undergraduates are projected to be attending college in coming years. And in my discipline of political science, some departments are even on the chopping block.”
Die Initiative, die eigenen Kurse zu füllen, müsste von den Lehrenden ausgehen. Aktiv auf Potenziale zugehen, sie motivieren und an sie glauben, also insgesamt wohl keine Geheimlehre, so der Tenor des empfohlenen Dreischritts. Wenngleich es keine Gewähr für das Überleben des Departments sei, so sei es doch immerhin etwas, das in der Macht der Lehrenden läge. Er schreibt: „I am not naïve enough to think that this strategy alone will fill our classes or prevent budget cuts. But for those of us with this challenge on our minds – and we may all face it more and more – this is a great first step that any faculty member can take.”
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Schuldenerlass für US-amerikanische Hochschulabsolventen?
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Vimal Patel zeichnet in einem Beitrag für den Chronicle of Higher Education die „Karriere” der Forderung nach einer umfassenden Entschuldung von ehemaligen Studierenden von der „Occupy Wall Street”-Bewegung vor neun Jahren bis in den politischen Mainstream derzeitiger Präsidentschaftsbewerber der Demokraten nach. Seinerzeit seien die ersten Forderungen nach Schuldenerlass noch milde belächelt worden und auch eine Unterschriftenaktion von Schuldnern mit der Ankündigung, ab einer bestimmten Verschuldungsgrenze den Schuldendienst einzustellen, hätte kaum Unterstützung erfahren.
Dies habe sich mittlerweile deutlich verändert. Das Bild der Darlehensgeber von der helfenden Hand für Bildungssuchende habe sich gewandelt und sei um den Aspekt angereichert worden, der den ökonomischen Nutzen für die Darlehensgeber stärker in den Vordergrund rückt. Dies wiederum habe sich auch in Umfragen niedergeschlagen, die mittlerweile mehrheitlich die ein oder andere Form von Schuldenerlass befürworteten, und von Demokraten diesbezügliche betriebene Gesetzesinitiativen seien in verschiedene Parlamente eingebracht worden (freilich bislang ohne konkrete Ergebnisse). Es heißt weiter: „Student-debt cancellation has emerged as a flash point in the Democratic primary, with two major contenders for the nomination making the idea central to their platforms. One version, from Sen. Bernie Sanders of Vermont, would eliminate all $1.6 trillion in student-loan debt, ‘no questions asked’.”
Hinzu komme eine weitere Entwicklung, nämlich die allmähliche Verschiebung der Wahrnehmung von Hochschulbildung als einer Privatsache hin zu einer öffentlichen und entsprechend auch öffentlich finanzierten Aufgabe, wie seit langem schon die „secondary education”.
Der Beitrag macht dies am Beispiel des frühen „Occupy Wall Street”-Aktivisten, Thomas Gokey, deutlich: „He had been indoctrinated in the American dream: Work hard. Get an education. Get ahead. It’s that simple. His parents’ lives seemed to attest to that. They came from working-class families but went to college. His mom had a science background; his dad was an engineer. College is the path to financial security, was the mantra from parents, teachers, and everyone else. He now thinks that’s bunk.” Durch die potenziell enorme Verschuldung durch das Studium habe sich der kausale Zusammenhang zwischen Wohlstand und Bildung umgekehrt. Bildung sei nicht mehr die Voraussetzung von Wohlstand, sondern dessen Folge, also ziemlich genau das Gegenteil des American Dream.
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CBC meldet eine Vereinbarung zwischen der kanadischen Bundesregierung und der Provinzregierung von Ontario in Ottawa zur Finanzierung der Neugründung einer französischsprachigen Hochschule in Toronto. Es heißt zur Aufteilung der Kosten: „An agreement signed today says the two levels of government will spend $126 million on the project over eight years. The federal government is kicking in $63 million over five years. Ontario is to provide at least the same amount, starting in 2023.”
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Ein Beitrag in der New York Times befasst sich mit der Funktion von Hochschulen als „Stoßdämpfer” bei Wirtschaftskrisen und mahnt an, dass dafür eine ausreichende Finanzierung notwendig sei. Dies sei gegenwärtig nicht der Fall: „State support for public colleges has not recovered from the last recession, which decimated state budgets. For each student they enroll today, public colleges get 13 percent less in taxpayer funding than they did in 2008, a loss of nearly $7 billion in inflation-adjusted dollars.”
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Inside Higher Education meldet eine Vereinbarung zwischen dem schweizerischen Unternehmen Stadler Rail und der Verwaltung der Schulen in Salt Lake City mit dem Ziel, dort ein für die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnittenes berufliches Ausbildungssystem aufzuziehen, um den Bedarf der Firma an Facharbeitern für ihre US-amerikanischen Standorte zu decken. Es heißt: „Once they finish the apprenticeship, students will have an associate degree of applied science in advanced manufacturing, which will be recognized throughout the state of Utah. Everyone who finishes will also be eligible for full-time jobs at Stadler (...). Those positions would start at $22 per hour.”
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Inside Higher Education meldet ein Abkommen zwischen dem MOOC-Anbieter Coursera und der University of North Texas mit dem Ziel, Berufstätigen mit College-Kredits, aber ohne Abschluss, berufsbegleitend zu einem Bachelor’s Degree zu verhelfen.
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George Soros habe einem Beitrag im Chronicle of Higher Education zufolge auf dem jüngsten World Economic Forum in Davos um weltweite Unterstützung für das von ihm initiierten und mit $1 Mrd. unterstützten Open Society University Network geworben. Der Beitrag zitiert eine Presseerklärung der Soros-Open Society Foundation, in der es heißt: „The Central European University (CEU), which Soros founded, and Bard College will form the core of the new network. They will partner with Arizona State University, a world leader in distance learning, and other institutions around the globe, such as the American University of Central Asia in Kyrgyzstan and BRAC University in Bangladesh.”
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Inside Higher Education zitiert einen Beitrag der Times Higher Education zu einem Angebot französischer Hochschulen mit Schwerpunkt auf dem dortigen Alleinstellungsmerkmal „Lebenskunst” und schreibt: „The French way of living, typically seen as one filled with fine wine, high fashion and good food, has a special allure. And French business schools have found a way to tap into this perspective by offering degrees in the art de vivre, offering international students the chance to live and learn that famous French attitude. The shift is particularly aimed at Chinese students, who represent an increasingly large and mobile proportion of business school recruits, and who typically hold French luxury brands such as Chanel, Louis Vuitton and Dior in high regard.”
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Brock University in der Provinz Ontario ist nach eigenen Angaben die einzige kanadische Hochschule mit Sitz mitten in einem von der UNESCO als „Biosphere Reserve” ausgewiesenen Gebiet. Eine neu gegründete Fakultät für Ingenieurwissenschaften solle dem, so eine Presseerklärung der Hochschule, Rechnung tragen. Es heißt in den Worten des Provost, Greg Finn: „Engineering at Brock will focus on a humanist perspective; in particular, the urgent need to protect the environment on a local, national and global scale.”
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McGill University verteidigt einem Beitrag in der Montreal Gazette zufolge die Entscheidung, sich gegen den Trend an anderen kanadischen Hochschulen nicht aus der Finanzierung der Ausbeutung fossiler Ressourcen zurückzuziehen. Der Beitrag zitiert die Hochschulleitung, Principal Suzanne Fortier, mit dem Standpunkt, durchaus effektivere Schritte als nur einen eher symbolischen „divestment plan” vornehmen zu können, zumal im Portfolio der Hochschule lediglich 2% in fossilen Brennstoffen investiert seien. Es heißt weiter: „However, she also acknowledged that a decision to divest could be financially tricky since it would involve removing all investments from any portfolio that didn’t explicitly ban fossil fuel investments, even if they didn’t currently have any.”
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Inside Higher Education meldet das Engagement von Georgetown University und Marquette University bei der Entwicklung von Apps zu einer mit katholischen Moralvorstellungen kompatiblen Empfängnisverhütung und schreibt: „The two Jesuit colleges have been involved in developing their own family planning methods, devices and phone apps. Roman Catholicism, like some other religions, eschews all other methods of birth control.” Zur Wirksamkeit derartiger Methoden heißt es: „Natural Cycles, a family planning app approved by the European Union as contraception, has been alternatively held up as both a savior and a scam. Research has rated the app 98 percent effective at preventing pregnancy, better than both condoms and the pill. The company raised $30 million in funding in 2017. But when a Stockholm hospital reported that nearly 6 percent of women seeking abortions there were using the app as their primary form of birth control, the company struggled with the resulting PR crisis.”
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Redaktion:
Benedikt Brisch, Stefan Altevogt, Casey Detrow
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